Krefelder Frauenhaus: Ein neues Leben ohne Gewalt
Im Krefelder Frauenhaus suchen Mütter mit ihren Kindern eine Zuflucht. Das Team dort macht ihnen Mut und hilft, wo es nur kann.
Krefeld. Gewalt in der Ehe kommt häufiger vor, als viele meinen. „Seitdem es das Gewaltschutzgesetz gibt, können wir Betroffenen besser helfen“, sagt Martina Müller-West. Sie ist die Leiterin des Krefelder Frauenhauses und kennt unzählige gewalttätige Familiengeschichten. So wie die von Marion Schneider (Name geändert) und ihren beiden neun- und vierjährigen Kindern.
Lange hat die 32-Jährige gezögert, ihren prügelnden Mann zu verlassen — und immer wieder gehofft, er würde damit aufhören. Sie ist berufstätig, besitzt mit ihrem Mann ein Haus. Er misshandelt sie körperlich und bedroht sie immer wieder. Auch Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt ändern nichts daran. Letztendlich flüchtet sie mit den Kindern ins Frauenhaus, nachdem er trotz polizeilich ausgesprochenen Hausverbots sie in der gemeinsamen Wohnung nicht in Ruhe lässt.
„Ein solcher Schritt erfordert großen Mut“, sagt Müller-West respektvoll. Die Frauen lassen ihr gesamtes bisheriges Leben hinter sich, haben oftmals nur einen kleinen Koffer mit Persönlichem dabei, schalten das Handy ab, damit sie nicht mehr für ihren Mann aufzufinden und erreichbar sind. „Meistens suchen sie aus Sicherheitsgründen in einem Frauenhaus in einer anderen Stadt Zuflucht.“ Die Kinder müssen deshalb oftmals mitten im Schuljahr die Schule wechseln und die Mütter, wie auch im Fall von Marion Schneider, ihre Arbeit aufgeben.
„Wir machen den Frauen Mut und zeigen ihnen einen Plan B auf“, beschreiben Müller-West und ihre Kollegin Andrea Funken die schwierige Aufgabe. Vier Stellen dafür fördert das Land NRW im Krefelder Frauenhaus. Die sind auf sechs Mitarbeiterinnen verteilt. Trotz dieses Personalschlüssels muss das Team immer wieder Zuflucht suchenden Frauen absagen. 98 allein im vergangenen Jahr.
Das Haus, dessen Adresse aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich ist, bietet insgesamt acht Frauen und acht Kindern Platz. „Wenige bleiben nur einen Tag, der Durchschnitt 32 Tage“, sagt Müller-West. Viele bleiben länger, weil sie einen hohen Unterstützungsbedarf haben. Insgesamt waren das im vergangenen Jahr 61 Frauen mit 71 Kindern.
Ein Grund für die längere Aufenthaltsdauer im Frauenhaus ist die Suche nach einer neuen, bezahlbaren Wohnung. „Es scheitert oft an der Hinterlegung einer Kaution oder an der Bereitschaft des Hauseigentümers, eine Wohnung an eine alleinerziehende Mutter mit mehr als einem Kind zu vermieten“, erklärt Funken. Auch dabei helfen sie und Müller-West den Frauen.
Das hat sich auch bei Migrantinnen rumgesprochen. Seit einigen Jahren suchen verstärkt auch Frauen aus afrikanischen und osteuropäischen Ländern Hilfe im Frauenhaus. „Das hat unsere Arbeit noch einmal sehr verändert“, sagt Müller-West. Nicht nur wegen der kulturellen und sprachlichen Schwierigkeiten, sondern auch wegen der ausländerrechtlichen Aspekte.
„Wir wollen langfristig erreichen, dass wir jede Frau aufnehmen können, die Gewalt erfährt — egal woher sie kommt“, betont Müller-West. Dazu müsse sich aber die Gesetzeslage ändern. Müller-West ist zuversichtlich. Schließlich hatten die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser lange von einem Gewaltschutzgesetz nur geträumt. Das gibt es nun seit 2002 und hat nicht nur Marion Schneider geholfen, ein gewaltfreies Leben zu beginnen.