Krefelder fühlen sich vom Zugverkehr gestört

Bundesamt bezweifelt die Belastung. Öffentlichkeit ist im Lärmaktionsplan eingebunden.

Foto: C. Icks

Krefeld. 80.000 Krefelder könnten durch die Ausbaupläne des Güterverkehrs zwischen den Seehäfen Antwerpen und Rotterdam ins Ruhrgebiet und nach Mitteleuropa künftig stärkerem Lärm ausgesetzt sein. Das ist die Befürchtung der Stadt Krefeld, der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine sowie politischer Vertreter. Umso aufmerksamer verfolgt die Vorsitzende des Planungsausschusses, SPD-Ratsfrau Gabi Schock, die Lärmaktionsplanung des Eisenbahn-Bundesamtes. Der erste Teil für die Haupteisenbahnstrecken unter Beteiligung der Öffentlichkeit ist jetzt fertiggestellt.

In der ersten Phase sind etwa 38 000 Beteiligungen eingegangen. „Allein 62 Krefelder haben an der ausführlichen Befragung teilgenommen“, erzählt Schock. Sie hätte sich bei den möglicherweise allein 80 000 betroffenen Krefeldern mehr Stimmen gewünscht, dennoch: „Die Befragung geht in die richtige Richtung und die Krefelder werden dadurch gehört.“ Vom 30. Juni bis zum 25. August 2017 hatten Bürger, Lärmschutzvereinigungen, Kommunen sowie weitere Einrichtungen, die von Schienenlärm betroffen sind, diese Möglichkeit genutzt. „Das Bundesverkehrsamt berechnet den Lärm, bemisst ihn aber nicht, es arbeitet bei Lärm mit Durchschnittswerten, nicht mit Spitzenwerten“, erklärt Gabi Schock. Der Lärmbereich sei aber so komplex, dass man ihn mit einem Zahlenwert nicht ausdrücken könne. Deshalb sei die Befragung und vor allem die Erkenntnis aus den Antworten so interessant. Mithilfe des Fragebogens wollte man im Wesentlichen eines herausfinden: „Was belastet die Menschen — und was nicht?“

Zwölf Fragen sind dazu gestellt worden. Zum Beispiel: „Wie sehr fühlen Sie sich durch Schienenverkehrslärm (in Krefeld) gestört?“ 50 von 62 Krefeldern sagen ganz klar: „Stark“. 54 von ihnen fühlen sich am meisten durch den Güterverkehr gestört, gefolgt vom Personenverkehr. Hier besonders durch Fahr- und Bremsgeräusche und das Kurvenquietschen. Vor allem abends (18 bis 22 Uhr) und in den Nachtstunden (22 bis 6 Uhr) fühlen sich die befragten Krefelder stark belästigt. Während das Bundesverkehrsamt bislang nur den Bahnlärm im Fokus hatte, verweisen die Krefelder, die sich beteiligt haben, auf eine Doppel- teils sogar Dreifachbelastung hin. 32 von 62 fühlen sich auch vom Lärm des Düsseldorfer Flughafens belästigt, 18 vor allem vom Straßenverkehr. Während die Deutsche Bahn darauf verweist, dass die Güterzüge im Fahrbetrieb durch technische Maßnahmen am Zug in den vergangenen Jahren leiser geworden sind, kann das die überwiegende Mehrheit der Befragten nicht erkennen. Letztendlich auch deshalb, weil beim Ausbau bestehender Schienenstrecken keine Lärmschutzmaßnahmen greifen wie bei einem Neubau. „Das kann doch nicht sein, dass alte, bestehende Strecken anders bewertet werden als neue“, sagt Gabi Schock.

Vor allem bei zwei Punkten wünscht sich die Vorsitzende des Planungsausschusses, dass die Stadt Krefeld Kontakt mit dem Bundesverkehrsamt aufnimmt. Das hat im Rahmen des Lärmaktionsplanentwurfs fünf Brennpunkte in Krefeld erkannt.

Das sind die Streckenabschnitte zwischen Oppum und Bockum-Nord, zwischen Krefeld und Linn, zwischen Abzweiger Krefeld Lohbruch und Rheinhausen, zwischen Mönchengladbach und Oppum, zwischen Uerdingen und Abzweiger Mühlenberg. Doch nur auf dem Abschnitt zwischen Mönchengladbach und Oppum gibt es Informationen zu Sanierungsmaßnahmen. Bei den anderen nicht. „Während wir von 60 000 bis 80 000 belasteten Krefeldern reden, die beim Ausbau des Güterverkehrs mit mehr Lärm rechnen müssen, geht das Eisenbahn-Bundesamt von weitaus weniger Menschen aus“, sagt Gabi Schock. Maximal die Hälfte, bei unterschiedlich hohem Lärmpegel, ist in dem nun vorliegenden Dokument aufgelistet. „Da muss die Stadt Einfluss darauf nehmen, dass die Zahl nach oben gesetzt wird.“

Am morgigen Mittwoch beginnt die zweite Phase der Öffentlichkeitsbeteiligung. Bis zum 7. März haben Bürger und Kommunen Gelegenheit, sich an der Überprüfung des Lärmaktionsplanes Teil A zu beteiligen. Der daraus hervorgehende Teil B wird Mitte des Jahres 2018 veröffentlicht. Beide Teile ergeben zusammen den Lärmaktionsplan für die Haupteisenbahnstrecken. In fünf Jahren soll der Plan erstmals wieder überarbeitet werden. Bis dahin könnten die Weichen für die neue Güterverkehrs-Bahntrasse von Venlo über Kaldenkirchen, Dülken, Viersen und Krefeld ins Ruhrgebiet schon gestellt sein.