Kriminaloberrat Schiffer: „Auch ein Freier kann bestraft werden“
Kriminaloberrat Reiner Schiffer spricht über die schwierige Rolle der Polizei bei dem Reizthema Prostitution.
Krefeld. Prostitution ist nicht nur Straßenstrich. Der Großteil dieses Gewerbes findet in Bordellen, Sauna-Sex-Clubs und in privaten Wohnungen statt. Das betont Kriminaloberrat Reiner Schiffer im Gespräch mit der WZ. Auf allen Ebenen in der Stadt hat das Thema Priorität: Bei der Polizei, in der Verwaltung, bei der Politik und letztendlich auch bei den betroffenen Anwohnern. Schiffer spricht über die Arbeit der Polizei, die Situation der Prostituierten und mögliche Lösungen für die negativen Begleiterscheinungen des ältesten Gewerbes der Welt.
Beim WZ-Mobil vor zwei Wochen sagten Sie: Die Polizei hat den Straßenstrich genau im Blick. Was heißt das?
Reiner Schiffer: Wir fahren regelmäßig Streife in dem Gebiet. Dabei sind zivile Einsatzkräfte in der Nacht ebenso im Einsatz wie uniformierte Beamte, Fahrradstreifen und das hiesige zuständige Fachkommissariat KK 12.
Gibt es Verstöße gegen den eingeschränkten Sperrbezirk?
Schiffer: Anfangs ja. Die Prostituierten dort sind nur wenig der deutschen Sprache mächtig, deshalb sind sie zunächst auf die geänderten Zeiten hingewiesen worden. Jetzt halten sie sich überwiegend daran.
Hat die Zahl der Frauen dort zugenommen?
Schiffer: Es gab immer schon einen Straßenstrich auf der Ritterstraße. Doch in der letzten Zeit hat die Zahl der Frauen vor allem aus Rumänien und Bulgarien zugenommen. Die meisten sind zwischen 20 und 25 Jahre alt, manche sind Mitte 40.
Kontrollieren Sie die Prostituierten und wie?
Schiffer: Kontrollieren worauf? Die Polizei überprüft ihren Identitätsnachweis und ob ein Straftatbestand vorliegt. Wir weisen die Frauen darauf hin, dass sie eine Steuernummer haben und krankenversichert sein müssen. Das fällt aber nicht in unseren Zuständigkeitsbereich.
Hat die Polizei die Möglichkeit, gegen Freier innerhalb des Sperrbezirks vorzugehen?
Schiffer: Ja! Es gibt klare gesetzliche Regelungen. Wer einmal dagegen verstößt kommt mit einer Verwarnung davon, wenn er erwischt wird. Doch wer beharrlich dem Verbot zuwider handelt, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe rechnen.
Viele Bürger schlagen vor, den Straßenstrich an den Stadtrand zu verlegen. Was halten Sie davon?
Schiffer: Ich habe viel Verständnis für die Anwohner. Gleichwohl bedeutete dies: aus den Augen, aus dem Sinn. Dann hätten wir fast die gleiche Situation wie bei der Wohnungsprostitution. Dort ist das Risiko zu arbeiten für die Frauen um ein vielfaches größer. Aus polizeilicher Sicht haben wir Straftaten zu verhüten und zu verfolgen — und damit auch die Frauen in diesem Gewerbe zu schützen.
Wieso lösen Sie dann nicht die Wohnungsbordelle auf?
Schiffer: Das Recht eine legal angemietete Wohnung zu betreten hat die Polizei nur bei einem Hinweis auf eine Straftat.
Wissen Sie denn, wo solche Bordelle im Stadtgebiet sind?
Schiffer: Ja. Wir recherchieren selber, werten Zeitungsinserate und Internetforen aus. Dann erhalten wir Hinweise aus der Bevölkerung. Somit können wir unser Lagebild monatlich im Hinblick auf die Frage aktualisieren, in welchen Wohnungen was stattfindet und wer sich dort bewegt.
Die Zwangsprostitution ist ein großes Dunkelfeld. Was können Sie dagegen tun?
Schiffer: Um den Frauen zu helfen, ist es notwendig, sich intensiv in der Szene zu bewegen, um zunächst eine Vertrauensbasis zu ihnen zu knüpfen. Viele dieser Frauen kommen aus Ländern, in denen sie schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben. Deshalb funktioniert Hilfe nur im Schulterschluss mit anderen wie Gesundheits-, Ausländer- und Ordnungsbehörde sowie sozialen Beratungsstellen. Der Sozialdienst katholischer Frauen hat vor kurzem ein interessantes Konzept vorgelegt. In Krefeld sehe ich deshalb gute Möglichkeiten.