Kultur: Die freie Szene wartet auf ihr Geld
Da die Stadt Mittel zurückhält, geraten in Krefelds Kulturlandschaft manche an ihre finanziellen Grenzen.
Krefeld. Der Blick auf den Kontoauszug ist für freie Kulturschaffende selten erfreulich. Momentan allerdings gleicht er in Krefeld einer Mutprobe. Grund: Obwohl bereits April ist, hat die Stadt ihre jährlichen Zuschüsse an die freie Szene noch nicht überwiesen. Die Kämmerei hält das Geld zurück, bis die Bezirksregierung den städtischen Haushalt offiziell genehmigt hat.
Damit fehlen den Veranstaltern rund 250 000 Euro für Mieten, Energie, Personal und natürlich für ihr Programm. Einige treibt das gar an die Grenzen ihrer Liquidität — schließlich hatten sie das Geld fest eingeplant.
Zwar stellen die Betroffenen ihre eigene Zahlungsfähigkeit nur ungern öffentlich in Frage: Doch hinter vorgehaltener Hand gestehen einige, dass sie zum Monatsende ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Auswege bieten nur kreative Umbuchungen, die Hilfe von Fördervereinen oder — im Fall des Vereins Werkhaus — ein Abschlag, den die Stadt zugesagt hat.
Ein solcher Abschlag, der beim Werkhaus offenbar als Nothilfe gezahlt wird, war in der Vergangenheit gang und gäbe. Dass er nun ausbleibt, ist für Pit Therre vom Theater am Marienplatz (TAM) „ein echtes Problem“. Er wartet auf 13 000 Euro: „Für uns ist das ein Batzen Geld.“ An neue Inszenierungen sei jetzt nicht zu denken, Therre ist froh, wenn er den laufenden Unterhalt bezahlen kann: „So extrem war die Lage noch nie.“
Ähnlich dramatisch sah es beim Werkhaus aus, bis die Stadt den Vorschuss zusagte. Der Verein für Stadtteil- und Kulturarbeit wartet auf rund 30 000 Euro Förderung, plus 35 000 Euro, um den sanierten Südbahnhof zu betreiben. Geschäftsführer Georg Dammer spricht auf Anfrage von einer „schwierigen Situation“. Man könne derzeit bei keiner Veranstaltung ins Risiko gehen: „Das fehlende Geld bremst Projekte aus, die sonst laufen würden.“
Schwierig wird die Lage auch im Theater Hintenlinks. „Ein, zwei Monate halten wir noch durch“, sagt Betreiber Peter Gutowski. „Doch spätestens im Sommer, wenn keine Vorstellungen sind, wird es schwierig.“ Gutowski bekommt 6900 Euro vom Kulturbüro, nur sieben Prozent seines Jahresetats. Dennoch, das Geld ist einkalkuliert: „Uns bleibt nichts übrig, als anderweitig zu baggern.“
Selbst den großen Tieren im Krefelder Kulturstall bereitet die Verzögerung allmählich Probleme. Die Kufa, die auf gut 70 000 Euro Zuschuss für Miete und Programm wartet, muss kreativ „verlagern“, wie der Vorsitzende Jürgen Mengert erklärt: „Wenn man Gelder einplant, ist es unschön, wenn sie ausbleiben. Wir müssen das irgendwie kompensieren. Aber nach dem schwachen Jahr 2010 ist das nicht leicht.“
Die Stadt verweist auf die Rechtslage: Als Gemeinde mit vorläufiger Haushaltsführung sei sie „leider“ an die gesetzlichen Vorgaben zu den sogenannten freiwilligen Leistungen gebunden, sagt Sprecher Timo Bauermeister. Demnach dürfen Zuschüsse an die freie Kultur erst gezahlt werden, wenn die Bezirksregierung den Haushalt abnickt. Alles andere liefe der Gemeindeordnung zuwider.
Viele Kulturmacher äußern sogar Verständnis dafür. Die Stadt könne schließlich auch nur der Signale aus Düsseldorf harren. Erwartet werden sie Ende April — bis dahin heißt es wohl: durchhalten.
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