Abtauchen in textile Geschichte und Gegenwart
Die Bibliothek hat gerade ihr 10 000. Buch in den Bestand aufgenommen.
Krefeld. Der Titel klingt nicht so fesselnd: „Musterhandbuch der Webwarenkunde“ von Helmut Hamann und Paul Hoff, erschienen im Franz Steiner Verlag. Doch dieses Buch ist besonders: Es ist das 10 000. Buch für die Bibliothek des Textilmuseums — ein kleines Ereignis. „Mit unserem Bestand und den 10 000 Monographien zum Thema Textil haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland“, erklärt Annette Schieck, Leiterin des Museums.
Manchmal führen sogar die Wege einer Wissenschaftlerin aus den USA nach Linn, wie Marion Porsch, Verwalterin der Bibliothek, mit Freude berichtet. Die meisten Interessierten kommen dagegen aus der Nähe: Studierende der Akademie Mode & Design aus Düsseldorf, Archäologie-Studenten aus Bochum und Besucher von den Fachhochschulen am Niederrhein.
So sehr sich die beiden Museumsfrauen über das Interesse bei den Studenten freuen, die den Weg nach Linn finden, über das gewandelte Arbeiten sind sie weniger glücklich. „Heute wird nicht mehr so viel mit Büchern gearbeitet“, beklagt Schieck. „Viele Studenten wissen gar nicht mehr, was es bedeutet, in einer Bibliothek abzutauchen!“
Das Abtauchen in den Bibliotheksräumen im historischen Gebäude des Textilmuseums, das Stöbern durch die weißen Regalwände, das Suchen und Entdecken muss hier in alter Manier stattfinden, denn die Buchbestände sind noch nicht online erfasst. Dafür fehlt es bislang am Geld: Eine Summe von 6000 bis 8000 Euro wäre nötig.
Dass der Bestand an Büchern und anderen Publikationen langsam wächst, verdankt das Museum weniger dem bescheidenen Ankaufsetat von 1000 Euro im Jahr, sondern mehr dem Engagement und den Stiftungen zahlreicher Privatleute. Aus dieser Quelle kommt immer wieder Fachliteratur hinzu.
Zum Aufgabengebiet von Marion Porsch gehört auch die Korrespondenz mit Museen, die sich ebenfalls auf Textilien spezialisiert haben, oder anderen Ausstellungsmachern und Institutionen, mit denen man Bücher und Kataloge tauschen kann. Auf diese Weise hat sich in der Bibliothek vieles rund um Textilien angesammelt, der Beginn der Sammeltätigkeit — noch vor Gründung des Museums — reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert zur Höheren Webeschule.
Der gut sortierte Bestand der Bibliothek umfasst beispielsweise textile Techniken wie Stickerei oder Spitzenherstellung. Die Bücher erfassen die Herstellung von Textilien nach geographischen Regionen, bieten Einblicke in die Zweige der Textilindustrie oder dokumentieren die Entwicklung der Mode. In diesem Bereich ist die Wunschliste groß, denn die Abteilung „moderne Designer“ kann nicht so geführt werden, wie es wünschenswert wäre. Es fehlt das Geld, Bildbände zu kaufen, die durch niedrige Auflagen und hohe Herstellungskosten teuer sind.
Doch nicht nur Studierende, Wissenschaftler und Textilfachleute finden viel Literatur am Andreasmarkt. Auch wer sich selbst mit textilen Techniken beschäftigen und kreativ mit Strick-, Stick- oder Häkelnadeln sein will, der findet hier Bücher mit Tipps und Kniffen.