Altern in der Maske - kein Zuckerschlecken
Für „Ewig jung“ müssen die Schauspieler binnen Stunden vergreisen — eine Herausforderung für die Maskenbildner.
Krefeld. Am Beginn des Alterungsprozesses steht eine perfekte Rasur. Zwei Stunden vor der Vorstellung von „Ewig Jung“ steht Schauspieler Bruno Winzen in der Maske vor dem Spiegel. Er rasiert sich, Kinn und Hals müssen glatt sein, damit sie eine Stunde später alt aussehen können. Der Schauspieler trägt bereits Teile seines Kostüms, ein weißes Hemd und eine Hose mit Hosenträgern. Aus der Nähe sieht man sofort, dass Bauch und Rücken ausgepolstert sind.
Die Veränderung im Gesicht beginnt mit einem künstlichen Halsteil, das schlaffe Haut vortäuschen soll und mit Perückenkleber befestigt wird. Das brennt auf den frisch rasierten Poren, doch das muss Winzen in Kauf nehmen. „Fühlt sich ein bisschen wie After Shave an.“
„So eine Maske ist eine Herausforderung und macht viel Spaß“, erzählt Frank Baumgartner, während er an Winzen arbeitet. Der stellvertretende Chefmaskenbildner ist in diesem Fall nur für einen Schauspieler zuständig. Ein Aufwand, der ungewöhnlich, aber notwendig ist.
Die Vorschläge zum Aussehen der Darsteller kamen zunächst vom Ausstattungsteam. „Gemeinsam überlegt man dann, was überhaupt machbar ist“, erklärt Baumgartner. Zehn Tage vor der Premiere wurde in einer sogenannten Nullprobe die Maske erstmals getestet. „Da es noch nicht realistisch genug aussah, musste noch nachgebessert werden“, erzählt Baumgartner. „Ich war der Prototyp“, bemerkt Winzen trocken.
Doch sein künstliches Halsteil schränkt die Mobilität ziemlich ein und ist daher nicht für jede Rolle geeignet. „Ich bewege mich nicht so viel wie die anderen“, sagt Winzen und beobachtet kritisch im Spiegel den nächsten Schritt. Nachdem seine Haare mit Gel gebändigt worden sind, wird ihm eine Glatzenform übergezogen, die ein bisschen an eine Badekappe erinnert. Die dünnen, dehnbaren Häute werden, wie alles andere auch, selbst angefertigt und genau dem jeweiligen Kopf angepasst.
Auch Kollege Ronny Tomiska, der inzwischen eingetroffen ist, bekommt eine solche Glatze verpasst. „Damit sehe ich wie ein Nazi aus“, stellt er fest. Tatsächlich bekommt sein jungenhaftes Gesicht durch die Veränderung einen fiesen Charakter. Im Stück spielt er allerdings einen großväterlichen Typ. Erst wenn Maskenbildnerin Rosa Schulze-Osthoff ihm die Perücke mit spärlichem Haarkranz und die buschigen Augenbrauen angeklebt hat, bekommt er wieder sympathische Züge. „Dieser Wechsel im Ausdruck zwischendurch ist schon verrückt“, findet Tomiska. Ansonsten empfindet er die Veränderung eher als komisch denn erschreckend: „Als Schauspieler ist man ja daran gewöhnt.“
Mit viel Schminke und einer silikonartigen Flüssigkeit werden jetzt die Gesichter mit Tränensäcken, tiefen Runzeln und dunklen Schatten bestückt. Auch die Hände werden entsprechend geschminkt. Über seine Glatze bekommt Winzen eine weißhaarige Perücke mit hohem Haaransatz. Markante dunkle Linien um seinen Mund sollen Falten vortäuschen. „Man muss bedenken, dass auch die Leute in den hinteren Reihen noch etwas davon sehen wollen“, sagt Baumgartner.
Zusätzlich muss die Haltbarkeit der Maske bedacht werden, da die Schauspieler gut eineinhalb Stunden auf der Bühne stehen. Rund 30 Minuten dauert es danach, bis alles wieder runter ist. „Insgesamt sind wir länger in der Maske als auf der Bühne“, stellt Tomiska fest.
45 Minuten vor der Vorstellung ist Winzen fast fertig. Jetzt bleibt noch Zeit, in der Kantine ein Brötchen zu essen, denn kurz vor dem Auftritt bekommt er eine Zahnprothese. Diese wurde eigens von einem Zahnarzt angefertigt. Sie macht die Verwandlung zum Oldie perfekt.