Konzert Pianist überzeugt mit Chopin und russischen Komponisten

Krefeld · Andrey Zenin gastiert in der Reihe der Kawaikonzerte in der Musikschule.

Andrey Zenin erarbeitete sich starken Applaus und die Bitte um eine Zugabe.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

„Andrey gilt als großer Poet“ – mit diesen Worten hat Philipp Potz Andrey Zenin, den Pianisten des jüngsten Kawaikonzerts, vorgestellt. Der Helmut-Mönkemeyer-Saal der Musikschule war am Freitagabend allerdings gerade einmal zur Hälfte gefüllt.

Zenin begann sein Konzert in der üblichen Weise mit der ältesten Komposition: der Klaviersonate Nr. 14 in c-Moll KV 457 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791). Sehr akzentuiert und kontrastreich nuanciert gestaltete er das Allegro. Den zweiten Satz Adagio interpretierte er etwas befremdlich. Teilweise überinterpretierte er in romantischer Weise Passagen, so dass man kaum mehr einen „typischen“ Mozart erkannte. Da wurde das Spiel häufiger in irritierend abgegrenzte Fragmente aufgeteilt, die Musik kam nicht so recht in Fluss. Im dritten Satz, einem Molto Allegro, wurde deutlich, dass der Pianist versuchte, aus der Mozartsonate eine facetten- wie stimmungsreiche Geschichte zu machen.

Bei den Vier Mazurken op. 17 von Frédéric Chopin (1810-1849) gelang es ihm sehr überzeugend, jeder Mazurka einen eigenen Charakter zu geben. Die eine kam tänzerisch beschwingt bis kraftvoll daher, die nächste vorwiegend verträumt, und die dritte gestaltete er als einen Dialog. Herantastend fragend, dann die energische Antwort, so wechselte er spielerisch die Positionen. Die vierte Mazurka zog in seiner einfühlsamen Interpretation besonders in den Bann. Ergreifend und fesselnd war sein Spiel auch mit seinen leisen virtuosen Läufen voller Zartheit. Ein Gedicht!

Doch der junge Russe beherrscht nicht minder gut die lauten und kraftvollen Register, wie er es mit Chopins Étude Nr. 10 op. 25 bewies. Wirbelstürme fegten über die Tasten.

Der zweite Teil seines Programms war russischen Komponisten gewidmet. Zenin begann mit der Étude-Tableaux op. 39-1 von Sergej Rachmaninow (1873-1943). Dabei knüpfte er an das virtuose Spiel der vorherigen Étude von Chopin an. Dieses Mal war es eine Geschichte, die Stimmungen rund um das Wasser, an unterschiedlich starken Wellenschlag, Fließen und einen Wasserfall aufkommen ließ.

Nach so vielen Turbulenzen wurde es ruhiger. Es folgte von Peter Tschaikowsky (1840-1893) die Meditation op. 72. Doch so wie man heutzutage Meditationsmusik kennt, klang das Stück nicht. Das lag jedoch nicht an der Interpretation, sondern am Verständnis und den Absichten des Komponisten. Liedhaft und mit vielen wellenartigen Motiven, aber auch sehr kraftvollen Akkorden hat Tschaikowsky eine wenig zum Sinnieren einladende Musik geschaffen.

Ein Wellenmotiv bestimmte auch das Andante Maestoso aus Tschaikowskys Nussknackersuite, aber es ließ auch Raum für majestätische, pompöse Szenen. Der Pianist konnte dabei nicht nur seine Virtuosität beweisen, sondern auch noch fast die Fülle eines Orchesters in den Saal zaubern. Im Kontrast ging es dann cantabile und so übersichtlich weiter, als wolle der Interpret, dass man das Grundthema von Rachmaninows Variationen über ein Thema von Corelli op. 42 auswendig lerne. Derart gut vorbereitet war es meistens auch nicht schwer, diesen musikalischen roten Faden in den höchst unterschiedlichen Variationen wiederzufinden. Zenin gab den Variationen viele unterschiedliche Klangfarben, er zog wieder einmal alle „Register“ des Flügels. So erzählte er in virtuosem wie einfühlsamem Spiel jedes Mal eine andere Geschichte. Die Erwartungen an einen musikalischen Poeten wurden wahrlich erfüllt.

Das Publikum war begeistert und entlockte ihm mit seinem trampelnden Applaus noch eine Zugabe – ein ruhiges Stück, das die Zuhörer beruhigen konnte.