Museum Bauhaus: Exponate sind gefragt

Die Ausstellung „Gunta Stölzl und Johannes Itten“ wird in der Schweiz gezeigt

Im Deutschen Textilmuseum Krefeld werden die Exponate für die Ausstellung in Thun verpackt und auf die Reise geschickt.

Foto: Stadt Krefeld Presseamt/Andreas Bischof

Das Kunstmuseum Thun in der Schweiz zeigt ab Samstag, 17. August, die Ausstellung „Gunta Stölzl und Johannes Itten – Textile Universen“. Der Bauhaus-Meister Johannes Itten (1888–1967) und die Bauhaus-Meisterin Gunta Stölzl (1897–1983) haben beide auch eine Verbindung nach Krefeld – vor allem Itten. „Wir haben Textilien und Hinterlassenschaften aus der Zeit, als Johannes Itten an der Flächenkunstschule in Krefeld lehrte. Es ist ein sehr reicher Schatz“, berichtet Museumsleiterin Annette Schieck. Diese Objekte hat seinerzeit Anneliese Itten 1992 dem Haus gestiftet. Das Deutsche Textilmuseum leiht nun 21 Objekte aus dieser Sammlung nach Thun aus. „Unter den Ausleihen befinden sich auch sieben Stoffbahnen, davon vier, die Johannes Itten persönlich gestaltet hat – ein schwarzer Tulpenstoff mit Golddruck ziert sogar das Ausstellungsplakat“, freut sich Schieck.

Walter Gropius holte Itten 1919 als Meister nach Weimar

Mit dem Bauhaus begründete dessen erster Direktor Walter Gropius 1919 eine der bedeutendsten Schulen für Gestaltung. Er holte Itten 1919 als Meister nach Weimar. Der gebürtige Schweizer entwickelte den berühmten Vorkurs und prägte damit nachhaltig die Anfangszeit am Bauhaus. Nach Differenzen mit Gropius verließ er 1923 jedoch Weimar und gründete in Berlin die „Itten-Schule“. Später unterrichtete er in den 1930er-Jahren an der eigens für ihn eingerichteten Höheren Fachschule für textile Flächenkunst in Krefeld. Die Verhandlungen für die Flächenkunstschule nahm Itten bereits 1930 mit der Stadt auf. „Itten hat seine Lehre am Bauhaus entwickelt und in Krefeld fortgesetzt“, schildert Schieck. Vorgesehen waren zuerst zwei Jahre Unterricht, der dann bis 1938 verlängert wurde und sich an den Bedürfnissen der hiesigen Textilindustrie orientierte. Für die neue Lehranstalt wurde unter anderem ein experimentelles Fotoatelier und ein Textildruckatelier eingerichtet – die Kosten alleine dafür lagen bei rund 30 000 Reichsmark, heute fast 200 000 Euro.

Seine zweite Ehefrau, Anneliese Schlösser, lernte Itten in Krefeld kennen. Sie war zuerst seine Schülerin. Später unterrichtete sie selbst an der Flächenkunstschule. Über weitere private Kontakte Ittens in der Krefelder Gesellschaft oder Kunstszene ist leider nichts bekannt. Itten wohnte während dieser Zeit in einem Haus an der Steinstraße 139. Wieso und weshalb Itten 1937/1938 Krefeld verließ, müsste noch erforscht werden. Ein weiteres Angebot dort zu arbeiten, schlug er wohl aus, weil er in die USA auswandern wollte. Seine Kunst galt unter den Nationalsozialisten seit 1937 als „entartet“. Der bis April 1938 angelegte Vertrag wurde im November 1937 gekündigt. Von Amsterdam aus bemühte er sich, in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Das gelang jedoch nicht, so dass Itten als Schweizer Staatsbürger nach Zürich zog, zusammen mit Anneliese Schlösser. Dort heirateten sie und bekamen drei Kinder. Er arbeitete er an der Kunstgewerbeschule in Zürich. Kontakte nach Krefeld sind nicht mehr bekannt. Dass der Itten-Nachlass aus der Zeit der Flächenkunstschule dennoch an den Niederrhein gelangte, ist ein Glückfall für das Deutsche Textilmuseum.

Gunta Stölzl kam 1919 an das Bauhaus in Weimar. Dort besuchte sie unter anderem den Vorkurs bei ltten. Zweimal reiste sie noch als Studentin für eine Weiterbildung an der Höheren Fachschule für Textilindustrie nach Krefeld: 1922 belegte sie einen Kurs an der Färbereischule, 1924 für einen mehrwöchigen Kurs in Material- und Bindungslehre an der Höheren Fachschule für Textilindustrie. – Sie übernahm am Bauhaus in Dessau im April 1927 die Gesamtleitung der Weberei. Stölzl verließ im September 1931 das Bauhaus. Anfang der 1930er-Jahre bemühte sie sich um eine Stelle an der Krefelder Ittel-Schule. Zu einer Anstellung kam es jedoch nicht, und damit endet auch der Bezug zu Samt- und Seidenstadt. Gunta Stölzl, die als „Klassikerin der Textilkunst“ gilt, werden Schlüsselwerke aus internationalen Museen und Privatsammlungen gezeigt.

Mit einem großen Aufwand bereitet das Krefelder Museum die Ausleihe in die Schweiz vor. „Alle Objekte mussten konservatorisch bearbeitet und publikationsfähig fotografiert werden, außerdem wurden die Kleider auf individuell angepasste Figurinen aufgebracht, die ebenfalls nach Thun entliehen werden“, berichtet Schieck. Kleider, Stoffbahnen, Gewebemusterstücke, ein Studienbuch mit Namen und Fotos der Schüler Ittens, die er an der Webeschule von 1932 bis 1938 ausgebildet hat, zählen zu den insgesamt 200 Exponaten, die in Thun gezeigt werden. „Wir freuen uns sehr, dass wir als Deutsches Textilmuseum Krefeld zu dem Kreis der internationalen Leihgeber dieser Ausstellung gehören“, sagt Schieck.

Das Kunstmuseum Thun präsentiert in jährlich vier bis fünf Wechselausstellungen vorwiegend zeitgenössische Kunst. Neben thematisch und monografisch ausgerichteten Sonderausstellungen wird pro Jahr eine Sammlungsausstellung eingerichtet, die einen Teil der reichen Bestände unter einem besonderen Blickwinkel präsentiert. Zu der Ausstellung „Gunta Stölzl und Johannes Itten. Textile Universen“ erscheint ein Katalog mit einem Beitrag von Annette Schieck über Johannes Itten und seine Lehre in Krefeld. Die Ausstellung in Thun endet am 1. Dezember. Red