Der Krieg lähmt das Leben

Mit „Deine Liebe ist Feuer“ eröffnete das Theater Krefeld die Spielzeit.

Foto: Matthias Stutte

Hundertausende Tote, Millionen auf der Flucht: Seit 2011 tobt in Syrien ein Bürgerkrieg. Viele Parteien sind darin verwickelt, eine schnelle Lösung des Konflikts scheint ausgeschlossen. Der syrische Autor Mudar Alhaggi hat mit „Deine Liebe ist Feuer“ ein Stück geschrieben, das die Auswirkungen scheinbar auf eine private Ebene herunterbricht. Das Theater Krefeld startete mit der deutschsprachigen Erstaufführung in der Fabrik Heeder in die Spielzeit. Die Uraufführung in arabischer Sprache gab es bei den Ruhrfestspielen, schon dort hat der Syrer Rafat Alzakout Regie geführt. Hier ist die Inszenierung Teil der Reihe Außereuropäisches Theater.

Die auf drei Seiten mit Stuhlreihen eingefasste Bühne (Ausstattung: Lydia Merkel) ist mit Matratze, Sofa, einem Tischchen spärlich möbliert. Eine Uhr im Hintergrund hat keine Zeiger, das symbolisiert Stillstand. Auf die rückwärtige Opera werden am Anfang syrische Fernsehbilder projiziert, auf denen auch der einstige Diktator Hafiz al-Assad und sein Sohn und Nachfolger Baschar al-Assad zu sehen sind.

Rand (Vera Maria Schmidt) und der Soldat Khaldoun (Philipp Sommer) sind ein Paar. Rand lebt mit ihrer Freundin Hala (Carolin Schupa) in Damaskus. Als Khaldoun Urlaub hat, will Hala die Wohnung verlassen, damit Rand und Khaldoun unter sich sein können. Dann sind Granatfeuer und Schüsse zu hören.

Hala kommt nicht weg, das Tête-à-Tête zwischen Rand und Khaldoun ist geplatzt. Stattdessen entspinnt sich ein Streit darüber, was man überhaupt tun soll: flüchten oder bleiben. Auch Eifersucht kommt ins Spiel, als Khaldoun Männershampoo im Bad entdeckt. Es kommt heraus, dass ein gewisser Wissam ab und zu zum Duschen vorbeikommt. Die Eifersucht auf den Duschgast scheint in unseren Breiten überzogen, aber der eigentliche dramatische Konflikt ist sowieso ein ganz anderer.

Das Spiel der drei Figuren gerät schnell ins Stocken, das geschieht bis zum Ende mehrfach. Und dadurch tritt eine vierte Figur ins Spiel. Dramatiker Alhaggi schickt sein Alter Ego ins Rennen, Adrian Linke spielt den resignierten Autor.

Er hat eine Schreibblockade, konkreter: Er weiß einfach nicht, wie es mit seinen Figuren unter den Vorzeichen des Krieges weitergehen soll. Diese Ratlosigkeit wird zum zentralen Motiv. Die Figuren erwarten eine Lösung ihrer Probleme vom Autor, der Autor kann sie nicht liefern. Darüber gerät er mit seinen Figuren in einen Streit, der sich zuspitzt. Soldat Khaldoun droht sogar zu desertieren, nicht aus der Armee, sondern aus dem Stück.

Alhaggi hat es geschafft, ein Stück über den Krieg zu schreiben, ohne dessen blutige Fratze reißerisch auszustellen. Stattdessen zeigt er, wie sich der Krieg lähmend über das Leben ausbreitet, wie junge Menschen aus der Zeit fallen, ihre Entwicklung gehemmt wird.

Viel Applaus gab es in der Heeder für das homogen und psychologisch genau agierende Ensemble und für ein Stück, das sich seinem Thema auf subtile Weise nähert.