Der Rosenkavalier: Die Zeit fließt zäh und langsam
Selbst das eindrucksvolle Ensemble kann das Stück nicht retten. Zu dick liegt der Staub auf der Inszenierung.
Krefeld. In kaum einer Oper geht es so intensiv um Zeit und Vergänglichkeit wie in „ Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss. Grundlage bildet der wunderbare Text von Hugo von Hofmannsthal, der über seine Zeit hinaus bis heute Gültigkeit besitzt. „Ein sonderbar’ Ding“, nennt die Marschallin die dahin fließende Zeit.
Streckenweise recht zäh verstrich sie in den mehr als vier Stunden während der Premiere im Krefelder Theater. Das liegt vor allem an der Interpretation von Regisseurin Mascha Pörzgen und Ausstatter Frank Fellmann, die das Stück trotz zahlreicher Einfälle seltsam verstaubt und langatmig wirken lassen. Die vielen Feinheiten dieser charmanten „Komödie für Musik“, bei der Standesdünkel des 18. Jahrhunderts und Seelenzustände der Moderne kunstvoll miteinander vermischt werden, gehen hier ziemlich verloren.
Eine überdimensionale Sonnenuhr mit Figuren à la Maria-Theresia vor einer rotgoldenen Wand bestimmt die Welt der Marschallin. Ebenso plakativ wirkt der begrenzte, in die Höhe strebende Raum in Weiß-Gold beim neureichen Faninal. Im letzten Akt folgt kitschiges Operettendekor mit bunten Glühbirnen und gemalten Putten. Parallel zum innigen Schlussgesang von Oktavian und Sophie schiebt sich die Wand mit der Uhr langsam nach vorne, was wohl Intimität schaffen soll.
Genauso oberflächlich wie diese Hinweise bleibt auch die Personenregie, die sich größtenteils mit konventionellen Gesten begnügt. Das Beziehungsgeflecht der vier Hauptpersonen wird ebenso wenig herausgearbeitet wie die individuellen Charaktere der Nebenfiguren.
Dabei steht der Regisseurin ein wirklich beachtliches Sängerensemble zur Verfügung. Allen voran Lydia Easley als Marschallin, die neben ihrer stimmlichen Qualität, die vor allem in den Pianostellen deutlich wird, ihre Erfahrung mit der Partie in die Gestaltung einfließen lässt.
Einen eindrucksvollen Auftritt legt Matthias Wippich als Baron Ochs hin, der mit seinem kräftigen Bass neben der nötigen Durchschlagskraft auch den erforderlichen Plauderton zeigt. Als Figur bleibt er etwas blass, so wie Eva Maria Günschmann, die als Oktavian unterkühlt agiert, stimmlich aber bis auf ein Forcieren in der Höhe überzeugt. Erkältungsbedingt nicht ganz so mühelos strahlend wie sonst singt Sophie Witte die Sophie. Die Partie ist ihr auch optisch auf den Leib geschrieben, leider muss sie ein geschmackloses Kleid mit riesigen Rosen tragen.
Im Schlussterzett vereinen sich die Stimmen der Sängerinnen glanzvoll. Auch die Niederrheinischen Sinfoniker unter Generalmusikdirektor Mihkel Kütson lassen die Musik jetzt wirklich aufblühen. Weniger überzeugen sie zuvor vor allem bei den lauten Passagen. Trotz dieser Mängel lässt die emotionale Musik wohl niemanden kalt und so reagiert das Publikum mit Bravorufen und heftigem Applaus.