Die Drei aus dem Bücherbus sagen Adieu
Die rollende Bibliothek ist am Freitag zum letzten Mal im Einsatz gewesen.
Krefeld. Mit einer großen, schweren Tüte voller Bücher warten Annegret Jonat, ihr sechsjähriger Sohn Constantin und sein Freund Hugo an der Langen Donk auf den Bus. Allerdings nicht auf die Linie 052, die zweimal die Stunde vorbeikommt, sondern auf den Bücherbus, der hier seit Jahren jede Woche freitags hält.
Als die rollende Bibliothek um die Ecke biegt, ist es kurz nach halb vier. Wahrscheinlich wurden die Mitarbeiter auf der letzten Tour von ihren treuen Kunden aufgehalten. Annegret Jonat macht Fotos zur Erinnerung — von außen, aber auch von innen.
Der Busfahrer Wolfgang Grefkes und die beiden Bibliothekarinnen Kristine Günther und Petra Sturck lächeln ein wenig wehmütig in die Kamera. Man sieht: Ihnen blutet das Herz.
„Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass dieses Angebot eingestellt wird“, sagt Annegret Jonat. „Jetzt muss ich jedes Mal in die Mediothek fahren, wenn ich etwas ausleihen will. Das ist teuer, wenn ich öffentliche Verkehrsmittel nutze, und sehr zeitaufwendig — auch wenn ich die Mediothek an sich total klasse finde.“
Auch den netten, persönlichen Service werde sie vermissen: „Egal welchen Buchwunsch man hatte, hier wurde er immer erfüllt.“ Zum Abschied schüttelt sie Wolfgang Grefkes und seinen Kolleginnen die Hand und wünscht alles Gute — so wie alle Kunden, die heute teils extra zum Adieu-Sagen gekommen sind.
Seit 32 Jahren ist Grefkes bei der Stadt angestellt. Bis auf ein kurzes Intermezzo war er sein ganzes berufliches Leben für den Bücherbus zuständig, die letzten zwölf Jahre als Hauptfahrer. „Es ist wirklich ein komisches Gefühl, dass jetzt Schluss ist“, sagt er. „Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge.“
Froh sei er vor allem deshalb, weil er ab September in den Ruhestand gehe. „Aber für den Bus, die Kollegen und die Leser ist der heutige Tag wirklich sehr traurig — vor allem für Familien und ältere Leute.“
Während der vergangenen Wochen hat die Bücherbus-Besatzung die ganze Palette der negativen Gefühle ihrer Kunden mitbekommen: „Die Leute sind betrübt, aber auch enttäuscht bis erbost wegen der Sparentscheidung der Stadt“, berichtet Petra Sturck, die künftig ebenso wie Kristine Günther in der Mediothek eingesetzt wird.
„Besonders das persönliche Verhältnis, das auf diesem kleinen Raum schnell entsteht, werden viele vermissen“, ergänzt ihre Kollegin.
Es gibt aber auch handfeste Probleme: Eine ältere Kundin muss jetzt zum Beispiel einmal im Monat mit dem Taxi zur Mediothek, weil ihr Rollator nicht in die Bahn passt.
Britta Philipp, die Unterschriften für den Erhalt des Busses gesammelt hat, sagt: „Ich finde, es gibt vier Hauptargumente, warum an dieser Stelle nicht gespart werden sollte: Der Weg zur Mediothek ist für viele sehr weit — und oft auch teuer, weil man ein Bahn- oder ein Parkticket bezahlen muss. Der Theaterplatz ist kein Ort, an den man kleine Kinder schickt. Und in Anbetracht der Pisa-Studie sollten wir alles tun, um die Lesekompetenz unseres Nachwuchses zu fördern.“