Drei Triebwerke starten zum Höhenflug

Das Trio Triebwerk Hornung bestritt das dritte Festkonzert zum 60-jährigen Bestehen des Krefelder Jazzkellers.

Foto: Dirk Jochmann

Triebwerke erzeugen Schub, und davon gab es dann meist nicht wenig, als das Berliner Trio Triebwerk Hornung im Jazzkeller das dritte Festkonzert zum 60-jährigen Jubiläum des Jazzkellers bestritt. Der Jazzklub hatte die relativ junge Band um den Pianisten Ludwig Hornung eingeladen, der ihr mit seinem Fender-Rhodes-E-Piano, Modell Mark I, einen so unverkennbaren wie heutzutage seltenen Sound verpasst. Mit dabei außerdem: Wanja Slawin auf dem Altsaxophon und John Schröder am Schlagzeug.

Das Fender-Rhodes war nicht das einzige E-Piano, doch sicher das erfolgreichste. Seinem Erfinder Harold Rhodes gelang nicht die perfekte Imitation des Klavierklangs, doch gerade der eigenständige Sound — glockenartig, weich, in den Tiefen bissig genug — machte es vor allem während der Elektrifizierung des Jazz, also in der Zeit des Jazz-Rock bis 1985, sehr populär.

Und wegen seines besonderen Klangs überlebte das Rhodes auch das Ende seiner Produktionszeit, digitale E-Klaviere heutiger Prägung klingen ja „nur“ wie Klaviere. Fürs Spielen braucht es dann aber doch pianistische Finesse, um dem etwas schwammigen Anschlag Kraft entgegenzusetzen, und auch die klangliche Eigenart mit ihrem besonderen Schwingungsverhalten bedarf einer versierten Handhabung.

Natürlich hat Hornung das drauf, als Pianist ist er auch auf der akustischen Variante seines Instruments eine Klasse für sich. Die Kompositionen fürs Triebwerk stammen alle von ihm, tragen launische Titel wie „Rumtreiber“ oder „Quäl dich, du Sau“ und sind auch nicht ohne Eigenart.

Oftmals gibt Hornung die Form vor, also das Akkordgerüst, bevor Saxophonist Slawin melodisch einsteigt. Bei den Melodien gibt es manchmal ein Unisono zwischen Saxophon und rechter Hand des Pianisten, öfter aber eine Mehrstimmigkeit von drängenden Akkorden und den Saxophonlinien. In der Melodieführung tauchen oft minimalistische Variationen auf, wobei Slawin mit seiner stupenden Geläufigkeit oft auch rasante Arpeggien zu bieten hat.

Hornungs Grundformen schreiten stets drängend voran, sind rhythmisch oft durch häufige Betonungen jenseits der eigentlich schweren Taktteile nicht einfach einzuordnen. Stilistisch betrachtet ist Hornungs Musik eine Mischung von Bebop über Jazzrock bis hin zu freier Musik. Letztere kommt meist in den vielen Rubato-Passagen zum Tragen, wobei hier überwiegend nur die Bindung ans Metrum, nicht aber an die Harmonik aufgegeben wird.

Wanja Slawin, in Krefeld kein Unbekannter, zeigte sich jetzt noch einmal verbessert, hinterließ einen äußerst virtuosen Eindruck. Er kann funky klingen, mal mit unterkühlter Schärfe à la Jan Garbarek, dann wieder erdig mit amerikanischem Touch. Seine Melodien tanzen nicht wie Schaum auf den Wellen, er erzeugt als eigenes Triebwerk in diesem Trio seinen ganz eigenen Schub.

John Schröder am Schlagzeug spielt keinen Takt wie den vorhergehenden, wenn er mal groovt, dann im hektischen Drum’n’Bass-Stil. Auch bei Balladen unterteilt er die Takte sehr kleinteilig, bleibt auch hier quirlig. Er spielt meist seine eigene Stimme in diesem Trio, ist selten der zurückgenommene Begleiter.

Drei Triebwerke sind da beim Triebwerk Hornung also zugange, deren Schubkräfte sich nie neutralisieren, sondern meist heftig potenzieren. Da gab es im Keller dann nur eine Zwischenlandung in der Pause, ansonsten zwei rasante Höhenflüge. Lyrische Momente blitzten gelegentlich auch auf. Zu Recht viel Applaus.