Unaufgeregt fesselndes Verwirrspiel mit der Wahrnehmung
Frank Bernemann zeigt im Kunst-Spektrum Objekte, die wie Bilder erscheinen, aber keine sind.
Bilder sind das schon mal nicht. Auch wenn sie so aussehen. Immerhin sind die Grundlage der Werke von Frank Bernemann, die er jetzt im Kunst-Spektrum der Gemeinschaft Krefelder Künstler unter dem Titel „still ist es. jetzt/“ ausstellt, Fotografien. Manchmal pro Werk sogar mehrere, wobei das wiederum nicht auf den ersten Blick auffallen muss. Und die bildhafte Wirkung ist natürlich auch gewollt.
Aber was aus der Ferne wie ein Tafelbild daher kommt, ist bei Bernemann eine Aufschichtung von bis zu 40 Wachsschichten, die teils mit Farbe versetzt sind. Damit geht es schon mal los. Man muss bei den Werken also mindestens von Objekten reden, an der auch darüber hinaus skulpturale Arbeit geleistet wird. So nutzt der Künstler verschiedene Beitel, um Umrisse aus der Trägersubstanz Holz auszustechen, die dann teilweise wieder mit Wachs verfüllt werden, oder sie bleiben offen stehen.
Das Wachs wird bei manchen Werken aufgetragen und wieder abgezogen, dann wird wieder Wachs aufgetragen und so fort. Wischspuren entstehen, die sich wie ein Schleier über die eh schon blassen, pastelligen Farbtöne legen.
Die Motive Bernemanns sind immer ursprünglich Fotos. Dabei löst Bernemann Teilmotive aus den Basisbildern heraus. So kann man etwa die Figur einer Person betrachten, die Bernemann vielleicht in einer Gruppe auf der Straße aufgenommen hat. Dann hat er sie isoliert, ihre Umrisse mit Bleistift auf die Trägersubstanz übertragen.
Der Raum um die Figur herum kann dann nicht nur einem weiteren Foto entstammen, dieses muss noch nicht einmal am gleichen Ort entstanden sein. Die Motive sind also immer Collagen.
Das gilt auch für die Objekte, auf deren Grund gewissermaßen ein C-Print schlummert, um durch mehrere Wachsschichten hindurchzuscheinen. Bei den C-Prints hat Bernemann die Collage mehrerer Fotos bereits bei der Bildbearbeitung am Computer vorgenommen. Ein Körper, der wie ein Frauenkörper scheint, ist etwa aus einem Frauen- und einem Männerkörper zusammengefügt.
Eine weitere skulpturale Technik neben dem Beiteln ist bei den Werken auf der Basis von C-Prints das rasterförmige Überziehen der Wachsschichten mit Bohrlöchern, die dann wieder mit anders eingefärbtem Wachs verfüllt werden. Eine dritte Technik ist bei manchen Werken das Ritzen ins Wachs, aber nicht mehr in die Trägersubstanz Holz.
Die skulpturale Herangehensweise Bernemanns an seine scheinbaren Bildwerke wird sofort plausibel, wenn man weiß, dass er an der Hochschule Niederrhein Design studiert hat und hierbei sein Schwerpunkt auf Keramik lag. Die Arbeit mit Pinsel und Farbe ist eben nicht das Handwerk, das er erlernt hat.
Für das Verständnis der Werke aber ist dieser banale Zusammenhang irrelevant. Wichtiger ist, dass Bernemann nicht nur formal Bilder schafft, die eigentlich keine sind, sondern gerade auch durch die formalen Verfremdungen betont, dass man sich bei ihnen nicht der Illusion hingeben darf, Abbilder von Wirklichkeit zu betrachten. Bernemann betreibt einen hohen Aufwand, um die Betrachter mit den subjektiven Produkten seiner Wahrnehmung zu konfrontieren, und wirft sie damit auf ihre eigene Wahrnehmung und auf ihre Befindlichkeit zurück.
Was sieht man also auf diesen Bildern? Einen einsamen Menschen vielleicht - oder sieht man seine eigene Vereinzelung in die Protagonisten der entrückt verschleierten Bildwelten Bernemanns hinein? Die erzählenden Titel der Werke helfen im Übrigen meist nicht weiter, bei diesem unaufgeregt fesselnden Verwirrspiel. Einer dieser Titel lautet: „Du bist jetzt dort, wo nichts mehr stimmt.“ Wo ist man dann?
Die Ausstellung „still ist es. jetzt/“ von Frank Bernemann ist im Kunst-Spektrum der GKK an der St.-Anton-Straße 90 zu sehen. Bis zum 24. März, montags und donnerstags von 16 bis 20 Uhr, samstags von 11 bis 14 Uhr.