Eigenwillige Songs im Wundergarten
Markus Maria Jansen präsentiert die neue LP seiner Band Jansen an geheimen Orten.
Klein, aber fein: Die Band Jansen um Mastermind Markus Maria Jansen feiert 20-jähriges Bestehen und hat endlich mal wieder ein Album herausgebracht. Das gibt es nur auf Vinyl und in einer Miniauflage von 300 Stück. Jede Platte hat Jansen per Hand in einer Pergamin-Schutzhülle verpackt, handschriftlich nummeriert und mit einem Wachssiegel versehen. Das exklusive Produktdesign toppt Jansen noch mit der Exklusivität der LP-Präsentationskonzerte. Die finden nämlich heimlich statt.
Das erste Konzert gab es jetzt im romantischen Garten des ehemaligen Wärterhäuschens am Eingang zum Stadtwald, das Hausherr Chris Worms in mühevoller Kleinarbeit über Jahrzehnte saniert hat. Die Konzertgäste, die Zahl war auf 40 begrenzt, hatten sich per E-Mail bei Jansen anmelden müssen. Treffpunkt war dann die Fabrik Heeder an der Virchowstraße, man sollte mit dem Fahrrad dorthin kommen.
Als Einstimmung gab’s also eine Fahrradtour. Jansen fuhr vorneweg zum bis zum Schluss verheimlichten Auftrittsort. Vor dem Start begrüßte der Musiker seine Fans per Handschlag. Die meisten konnte man als Langzeitanhänger von Jansen, seiner Band Jansen oder auch seiner noch bekannteren Band M. walking on the water identifizieren.
„Die Unschuld der Gebäude“ hat Jansen das neue Werk seiner Band Jansen getauft, passend dazu liegen jeder LP fünf Fotos von Gebäuden bei. Zehn Lieder sind auf ihr versammelt, die meisten hat man dann doch schon mal bei einem Jansen-Konzert gehört.
Jansen singt bei Jansen auf Deutsch. Als Vehikel für seine deutschsprachigen Lieder hatte Jansen die Band vor 20 Jahren auch gegründet, während bei M. walking on the water nur englisch gesungen wurde.
In Chris Worms’ Garten, wie das Haus liebevoll und ungewöhnlich gestaltet, gibt es ein Gartenhäuschen, das mindestens so verwunschen wirkt wie das Haupthaus. Davor hatte die Band ihre Instrumente aufgebaut. Trompeter Markus Türk gehört zur Stammbesetzung von Jansen, inzwischen bedient er hier in der Hauptsache den E-Bass. Schlagzeuger Andre Hasselmann kam später zur Band. Für vier Zugaben wirkte jetzt beim ersten heimlichen Konzert auch der Ursprungsbassist Philip Lethen mit seinem Kontrabass mit.
Dass der E-Bass nicht sein Hauptinstrument ist, hört man Türks Spiel an. Es wirkt rau, etwas hölzern, aber nicht unbedarft — und außerdem passt es so zum sperrigen Charme, den Jansen mit seiner Musik irgendwo zwischen Folk und Rock ja sowieso verströmen möchte. Jansens Spiel auf der E-Gitarre ist mindestens so eigenwillig, nicht perfekt, aber stimmig, und seine tiefe Gesangsstimme trifft auch dann das Gefühl, wenn sie mal nicht ganz die Töne trifft.
Ach ja, die Texte. Auch sie sind so verquer formuliert, dass es eine Freude ist. Die Liebe wird verklärt, ohne ihre Vergeblichkeit zu verleugnen, Spießigkeit wird bloßgestellt, ohne die Spießer zu verdammen. Jansen, inzwischen knapp über 60 Jahre alt, ist sich als melancholischer Lebensfreund treu geblieben. Und wenn er mit „Kleiner Bruder“ an seinen verstorbenen Bruder erinnert, darf man auch gerührt sein.
Dass die Musik mit Lethens warmem Legato auf dem Kontrabass ein wenig flüssiger klingt als mit Türks erdig-dreckigem E-Bass, zumal dann Türk seine jazzigen Einwürfe auf der Trompete viel intensiver darbieten kann, sei angemerkt <- aber geschenkt.
Die Stimmung im Worms-Wundergarten erreichte zu später Stunde ihren melancholisch-tiefsinnigen Höhepunkt mit „Himmel“, dem vielleicht schönsten Stück, das Jansen jemals geschrieben hat. Es hätte zum Hit werden können, wäre es nicht so eigenwillig arrangiert. Aber so ist es eben ein echter Jansen.