Eine Oper für Einsteiger
„Der Konsul“ feiert morgen im Stadttheater Premiere.
Die Titelfigur tritt nie auf. „Der Konsul“ heißt die Oper des italienischstämmigen, US-amerikanischen Komponisten Gian Carlo Menotti, die 1950 in New York uraufgeführt wurde. „Sie war noch nie so aktuell wie jetzt. Das ist das Stück der Stunde“, sagt Regisseurin Katja Bening, die sich als „Menotti-Fan“ beschreibt und damit ihre erste Arbeit auf den großen Bühnen der Krefeld-Mönchengladbacher Theater realisiert. Drei Wochen vor der Trump-Wahl kam das musikalische Drama ins Repertoire. „Wir verraten nicht, in welchem Land die Geschichte spielt, wir wollen eine Allgemeingültigkeit stehenlassen“, sagen die Regisseurin und die Dramaturgin Ulrike Aistleitner. Es geht um Magda Sorel (Isabella Matula), die für ihren Mann, den untergetauchten Patrioten, und die ganze Familie Pässe auf dem Konsulat beantragen will.
Es geht um die große Menschlichkeit, Menotti — von ihm sind Libretto und Musik — erfindet dabei eine surreale Stimmung, die sowohl an Kafka-Werke als auch an „Warten auf Godot“ denken lässt. Magda begegnet auf dem Konsulat anderen Wartenden, darunter ist auch ein Zauberer. Deren Biografie ist Thema, und ihre Gegenspielerin ist die Sekretärin (Janet Bartolova). Gespielt wird in Kostümen verschiedener Epochen, das Bühnenbild von Udo Hesse zeigt einen riesigen Konsulatsraum aus Marmor und ein Zuhause aus warmem Holz. Am Ende verweben sich die Räume miteinander. Bei einer großen Türe im Konsulat bleibt unklar, wohin sie führt oder ob dahinter das Nichts ist.
„Es ist die Musik, die zu einem spricht“, sagt Katja Bening. Menotti hat Klänge geschaffen im Stil Puccinis, und es gibt lyrische Arien, Telefonklingeln, Schreibmaschinengeklapper, und zu Beginn wird ein eigens dazu von Menotti geschriebener französischer Chanson angespielt. Als Mischung aus Hörspiel, Filmmusik und Theater wird die Oper angekündigt und kriminologische Spannung versprochen. Das Warten spielt eine große Rolle. Es gibt Augenblicke, in denen die Zeit stehenbleibt. Eine Ouvertüre gibt es nicht, auch keinen Chor. 38 Musiker der Niederrheinischen Sinfoniker werden von Diego Martin-Etxebarria dirigiert, zwölf Sänger wirken mit. „Man merkt gar nicht, dass sie singen“, sagt Bening, denn gesprochene Dialoge, Sprechgesang und gesungene Partien wechseln sich ab. Dissonante Töne sind selten.
„Eine Oper für Einsteiger“ nennen die Theaterleute das Werk und wollen Gefühle und Aktionen in Musik verwandeln. „Wir wollen die Menschen berühren“, sagt die Regisseurin, „sie sollen einfach reingehen.“ Die Texte werden in deutscher Sprache vorgetragen, der Originaltext wird projiziert. Die abendfüllende Oper in drei Akten ist tragisch grundiert, es sollen aber auch komische Momente vorkommen. Vor der Premiere morgen, 19.30 Uhr, im Stadttheater, Theaterplatz 3, wird es um 19 Uhr im Glasfoyer eine Einführung in die Oper geben.