Erinnerung an die närrische Jahreszeit

Bei der Premiere von Carl Nielsens „Maskerade“ wird bis zur Karikatur überzeichnet.

Der Name ist Programm. Ein opulentes Maskenfest steht im Mittelpunkt der Oper „Maskerade“, deren umjubelte Premiere die Krefelder Theaterbesucher noch einmal in die närrische Jahreszeit eintauchen ließ. Das selten gespielte Werk des dänischen Komponisten Carl Nielsen gilt in dessen Heimat als Nationaloper und erfreut sich entsprechend großer Beliebtheit.

Die Handlung spielt eigentlich im frühen 18. Jahrhundert und behandelt den Aufbruch in die Zeit der Aufklärung. Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte eines jungen Paares, das sich gegen eine von den Vätern arrangierte Ehe mit vermeintlich anderen Partnern auflehnen will.

Heimlich treffen sich alle auf einem Maskenball, wo sich am Ende alles zum Guten fügt. Was die Väter geplant haben, hat sich längst erfüllt: Die heimlich Liebenden sind ohnehin füreinander bestimmt. Eine für eine dreiaktige Oper etwas dürftige Handlung.

Genau da setzt die Regie von Aron Stiehl an. Mit einem frechen Wisch hat er den Staub vergangener Jahrhunderte weggefegt und die zeitlosen Themen Alter gegen Jugend, Realität und Verkleidung ins Heute geholt. Das funktioniert insgesamt gut, auch wenn er dabei die Überzeichnung bis hin zur Karikatur nicht scheut. Die Lebensumstände des jungen Leander (Michael Simon) und seiner Familie zeigen eine Welt wie aus dem Ikea-Katalog (Bühne: Jürgen Kirner).

Dazu sind fast alle blond, und eine Sauna darf auch nicht fehlen. Dort treffen sich die Väter Jeronimus (Hayk Dèinyan) und Leonard (Walter Planté) zum entspannten Plausch, während Leander seinem Diener Henrik (Tobias Scharfenberger) im Bad von seiner nächtlichen Bekanntschaft mit Leonora (Debra Hays) vorschwärmt.

Im zweiten Akt gibt es putzig kleine Häuschen, in denen die Bürger in Nachthemden brav dem Ruf des Nachtwächters lauschen, bevor sie dann heimlich zur Maskerade eilen. Diese findet in den Weiten einer Unterwasserwelt statt, wo ein großes Bett zur erotischen Spielwiese wird. Dort kommen Henrik und Pernille als Adam und Eva zur Sache, während der strenge Jeronimus sich als aufgeplusterter Gockel am meisten lächerlich macht.

An fantasievollen Kostümen (Dietlind Konold) wird nicht gespart, ein graziöses Hummer-Ballett (Choreografie: Robert North) zählt zu den weiteren optischen Höhepunkten.

Mit stimmlichem Glanz und ausgelassener Spielfreude agieren Chor und Sängerensemble zu einer Musik, die von den Niederrheinischen Sinfonikern unter Graham Jackson zwar temperamentvoll interpretiert wird, aber wenig nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

Umso mehr im Gedächtnis bleiben die vielen gelungenen Charakterstudien des Abends, zu denen neben den Hauptfiguren auch Andrew Nolen als Magister à la Albert Einstein, Matthias Wippich als Festordner im glitzernden Hummerkostüm und Markus Heinrich als herrlich dümmlicher Knecht Arv zählen. Für all das gab es viel Applaus.