CD-Kritik Horst Hansen Trio: Minimalistische Sequenzen drehen sich im Kreis

Auf der neuen Jazz-CD des Horst Hansen Trios singt auch Soul-Star Flo Mega. Für junge Leute ein guter Einstieg, für eingefleischte Jazzfans eher nichts.

Foto: Moritz Krämer

Krefeld. Dieses Trio ist ein Quintett. Das Horst Hansen Trio hat sich eine fiktive Geschichte ihrer Band ausgedacht, mit der sie das alles begründet — man muss es nicht weiter ausbreiten. Seit 2010 hat das Quintett viele Auftritte absolviert, außerdem sind die Musiker alle auch noch bei der nicht nur in Krefeld beliebten Gruppe Mondo Mashup Soundsystem aktiv. Das dritte Album des Trios ist frisch erschienen und heißt „Auf’m Teppich“.

Foto: Andreas Bischof

„Heftiger Überjazz“ sei ihre Musik, die Selbstcharakterisierung entspricht keiner gängigen Stilbezeichnung. Mit dem was Jazz ihrer Meinung nach ist, damit pflegen die Musiker einen ironischen Umgang. Bei Auftritten tragen sie dann auch mal schwarze Brillengestelle, um das Vorurteil zu bebildern, dass Jazz ja so intellektuell ist.

Zum Verständnis der Musik hilft das wenig, aber nun hat man ja wieder Material, um zu analysieren, was Lukas Weber, Altsaxophon, Tobias Foller, E-Gitarre, Carsten Hackler, Keyboard, Lars Leibl, E-Bass und Till Menzer, Schlagzeug da veranstalten. Erster Befund: Jazz kommt darin vor.

Auffällig ist bei den elf Stücken der neuen CD aber, dass keine im Jazz gängigen Formen genutzt werden. Kein 32-Takte-Songschema, keine acht- oder 16-taktige Grundform, kein Zwölf-Takte-Bluesschema und so weiter. Man findet ebenso wenig komplexere Harmoniegerüste (Changes) oder modale Improvisationen.

Anstatt dessen werden meist viertaktige Sequenzen aneinandergereiht, in denen oft zwei Akkorde die harmonische Basis liefern. Die Instrumentalisten schichten in diesen Sequenzen minimalistisch ihre Stimmen übereinander, die Sequenzen werden wiederholt. Das Altsaxophon setzt sich mit seiner Stimme über die anderen Schichten, man kann hier von Leitthema sprechen. Hat sich eine Sequenz erschöpft, wird eine nächste angeschlossen, die oft eine Variation der vorhergehenden ist. So bauen die Musiker bis zu elf Minuten lange Stücke zusammen.

Da es keine Spannung gibt, die sich durch Form oder Akkordfortschreitungen ergeben, wird zu Basismitteln der Gestaltung gegriffen: Dynamik (also Verändern der Lautstärke), Tempoveränderung, Rhythmuswechsel und Sound. Der Klang kommt auch schon deshalb ins Spiel, weil — mit einer Ausnahme — virtuose Soli die Sache der Musiker nicht sind. Stilistische Bestandteile sind Fusion-Jazz, psychedelische Rock-Musik, Drum’n’Bass. Meist vom Saxophon sind auch manche Orientalismen zu hören. Das Bauprinzip der Stücke folgt ein wenig der Minimal Music. Und ein Lied kann daraus doch werden: Über Basistracks des Stücks „Born Wild To Be“ hat Flo Mega, bekannter Vertreter des deutschen Soul, als Gast gesungen und gerappt, so wird daraus der Song „Sich leben trauen“.

Ist das jetzt zu wenig Jazz oder gar schlechte Musik? Keins von beidem. Erstens ist die Bandbreite dessen, was im Jazz möglich ist, ziemlich groß, und zweitens ist das, was das Hansen Trio da macht, vielleicht gerade für junge Leute eine gute Einstiegsdroge.

Die stete Repetition und minimalistische Variation, die man aus zeitgenössischer Tanzmusik kennt, kann den Jazzfan mit größerer Hörerfahrung allerdings nicht zufrieden stellen. Der fühlt sich im Hamsterrad der Wiederholungen schnell eingesperrt. Auch mehr Improvisationen fände er schön.

Aufhorchen tut man da bei den Soli von Drummer Menzer, der inzwischen angefangen hat, Musik zu studieren, und die Unbefangenheit mit der Weber am Altsaxophon und Foller an der E-Gitarre an manchen Stellen andere als die üblichen Klänge produzieren, auch Hoffnung gibt. Das Mitwirken Flo Megas mag verkaufsfördernd wirken, der Jazzfan braucht es eher nicht.