Kabarett: Selbst Gott hat eine eigene Homepage

Kabarettist Ingo Börchers analysiert scharfzüngig virtuelle Welten.

Krefeld. 80 Prozent Festplatte, 20 Prozent frei - das sind die Systemvoraussetzungen für Ingo Börchers. Eine Computerstimme kündigt den Kabarettisten an, die 90-minütige Laufzeit startet. Dass sie im Podio-Theater so kurzweilig über die Bühne geht, liegt vor allem an den freien 20 Prozent, mit denen Börchers das Publikum mitreißt.

"Die Welt ist eine Google" heißt das neue Programm des jungen Kabarettisten aus Bielefeld, für den Krefeld das "Epizentrum des ausgelassenen Frohsinns" ist. Diese charmante Begrüßung scheinen die Krefelder verinnerlicht zu haben, die Lachsalven reißen nicht ab. "Sie müssen doch mal Luft holen" ruft Börchers einer Dame zu.

Börchers hat alles andere als Klamauk zu bieten. In hohem Tempo führt er sprachlich sehr anspruchsvolles, bissiges Kabarett vor, wechselt mühelos die Themen, die sich alle elegant ums Internet drehen: Börchers ist ein Meister der Verknüpfungen.

Mit Mitte Dreißig fühlt er sich schon recht alt und ist froh, wenn er sein altes Handy ("schwerfällig wie Kurt Beck") durch einen Anruf aufgespürt hat. Überhaupt gehe es heute nur noch ums Suchen, ob im Netz oder im Baumarkt, dem "Internet der analogen Welt". Revolution findet nur noch digital statt, selbst Gott hat eine eigene Homepage. Doch wer braucht den Glauben an ewiges Leben, wenn er virtuell ein "Second Life" führen kann?

Der Mensch heute sei entweder online, auf Standby oder unterwegs, so der Kabarettist, der für die Macken der Informationsgesellschaft ein gutes Bild findet. "Wir bauen keine Kreuzungen mehr, sondern Kreisverkehre. Da braucht man keine Entscheidung zu treffen." Anders gesagt: Es gibt kaum noch Telefonzellen, dafür kann man Klingeltöne kaufen. Pointiert fordert Börchers "Altenheime ans Netz!" und verdonnert die modernen Väter zum "Change Management", auch bekannt als Windeln wechseln.

Eine letzte Herausforderung ans Publikum hält Börchers am Ende bereit: "Bestellen Sie mal ein Sandwich bei ’Subway’ - einfach unterirdisch! Wenn Sie das geschafft haben, verstehen Sie auch das Tarifsystem der deutschen Bahn!" Begeisterter Applaus.