Kawai-Konzert: Eine wahre Meisterin der Klangfarben
Violetta Khachikyan begeistert in der Musikschule — stehende Ovationen.
Krefeld. Schon mit der Anmoderation ihres Konzerts — dazu noch für sie in der Fremdsprache Deutsch — fällt Violetta Khachikyan sehr angenehm auf. Die junge Russin (Jahrgang 1982) lebt und studiert erst seit rund drei Jahren in Deutschland, nachdem sie in Russland bereits 2008 ein Klavierstudium am St. Petersburger Konservatorium mit Auszeichnung abgeschlossen hat.
Ihre Auswahl für den Abend im Theatersaal der Musikschule weckt große Erwartungen, denn sie spannt einen Bogen von der barocken Klaviermusik über die romantische bis hin zu der höchst ausdruckstarken Programmmusik eines Modest Mussorgsky (1839-1881) mit den Bildern einer Ausstellung. Doch schon ihre Interpretation von Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Suite Nr.2 c-moll lässt aufhorchen.
Der erste Tanz der Suite, eine Allemande, zeigt bereits von Beginn an eine glasklare wie fein nuancierte Stimmenführung. Bilderbuchmäßig kommen die unterschiedlichen Charaktere der Tänze heraus, fein differenziert ist ihr Spiel. Schön und teilweise sogar keck ist der Dialog der wichtigsten Stimmen, der beiden Hände.
Für Robert Schumanns (1810-1856) Humoreske op. 20 hat sie in ihrer Einführung schon eine kleine Gebrauchsanweisung bzw. Verständnishilfe gegeben. Die beschreibenden Satzbezeichnungen kann man bei ihrem Spiel mühelos nachvollziehen und sich an ihrer Interpretation erfreuen. Welch ein Genuss sind die Stimmungen, die sie dem Flügel entlockt!
Das lässt auch für den zweiten Teil des Konzerts mit den Bildern einer Ausstellung auf einen großartigen akustischen Bilderbummel hoffen. Und Violetta Khachikyan macht daraus eine Ansammlung von Meisterwerken. Es ist bemerkenswert, welche Klangfarben sie aus dem Instrument herauszuholen versteht. Das große Tor von Kiev im letzten Satz des Werkes wird ein Bauwerk von einer solchen Monumentalität, dass man sich fragt, woher die zierliche Person diese Kraft nimmt, den Flügel entsprechend zu bearbeiten.
Ein begeisterter Applaus, Bravo-Rufe und Standing Ovations für die Künstlerin sind wahrlich verdient. Dann zaubert sie nach dem fulminanten Abschluss des Mussorgsky-Werks noch eine Zugabe von Debussy — ein hingehauchtes Stimmungsbild, zart wie ein Aquarell.