Kultur Krefelder Architektur: Das ist mehr als Bauhaus
Krefeld. · In der Stadt gibt es viel bemerkenswerte Baukunst. Nach dem Bauhaus-Jahr rücken wir exemplarisch eine Auswahl von „modernen“ Bauten in den Blick.
Nun liegt das Bauhaus-Jahr hinter uns. Im Fokus der Aufmerksamkeit standen auch in Krefeld die Bauten aus jenem Geist, wie beispielsweise die Gebäude des Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Doch Krefeld hat, was besondere Architektur angeht, mehr zu bieten, viel mehr. Ob nun mit weitem Blick in die Vergangenheit, was auch durchaus legitim ist oder auch mit geschärftem Fokus auf die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und Gegenwart. „Moderne Architektur“, ist der Begriff hier auch unscharf und breit zu verstehen, woran wir uns in diesem Fall halten möchten.
Doch gerne wird beim Vorbeigehen, im Alltag über die Architektur, die uns umgibt, hinweggesehen; insbesondere, wenn wir uns an sie gewöhnt haben. Hin und wieder lohnt es aber, die Augen aufzumachen. Kurz stehenzubleiben und auch mal Bauten zu betrachten, die uns vielleicht gar nicht so außergewöhnlich vorkommen mögen. Wir haben eine kleine Auswahl – die keinesfalls den Anspruch erhebt auf irgendeine Weise vollständig oder repräsentativ zu sein – zusammengetragen:
Behnisch-Haus (Petersstraße) Mit dem Namen Behnisch verbindet sich in erster Linie das vor luftiger Leichtigkeit schwebende Olympiastadion in München. Doch durch gewisse Umstände kam es dazu, dass wir auch in Krefeld ein überaus imposantes Gebäude des 2010 verstorbenen Architekten unser Eigen nennen dürfen. Es heißt, der lange schmale Bau, mitten in der Innenstadt, der vor allem durch gläserne, gegeneinander verschobenen Schichtungen geprägt ist, habe seinerzeit für recht viel Diskussion in der Stadt gesorgt. So oder so, der 2002 fertiggestellte Bau ist nun ein prägender Teil unserer architektonischen Identität und hat nichts an seiner zeitlos dekonstruktivistischen und zeitgleich modern anmutenden Aura verloren.
Stadttheater (Theaterplatz) Das Stadttheater – Krefelder Heimat des Theaters Krefeld und Mönchengladbach – ist als Bau in mehrerer Hinsicht interessant. Für unsere heutigen Augen lässt die Stimmung in dem Bau auf besonders charmante Weise die Ästhetik der 60er-Jahre aufleben. Retro-Fans dürften die feine Mischung aus verspielten Details und schlichtem Minimalismus lieben. Es mag in anderen Städten, was den Stil der Epoche angeht, bisweilen noch größere Würfe geben, doch braucht sich das Theater nicht zu verstecken. Übrigens, das heutige Aussehen des zunächst nach dem Krieg provisorisch erbauten Hauses ist erst in einem nachträglichen Umbau entstanden, 1963 unter der Federführung von Gerhard Graubner, der ein Schüler und Assistent von Paul Bonatz (Stuttgarter Schule) war. Wissenswert indes ist auch seine Rolle im Nationalsozialismus – er war NSDAP-Mitglied. Von 1940 bis 1967 war Graubner Professor in Hannover. Von ihm stammt übrigens auch das Schauspielhaus Bochum und das Schauspielhaus Wuppertal.
Hauptfeuer- und Rettungswache Krefeld / Neuer Feuerwache (Zur Feuerwache 4) Das 2016 fertiggestellte Gebäude der neuen Feuerwache kann trotz der eigentlich in erster Linie praktischen Nutzung als ikonisch gelten. Aber man muss nur in die Vergangenheit schauen – es gehörte immer wieder zum guten Ton, auch Nutzbauten architektonisch sprechend mit ästhetischem Anspruch zu bauen. Dass dies auch heute noch passieren kann, zeigt dieser ästhetisch mehr als reizvolle Bau. Der die Stilsprache tradierter Industriekultur zitiert, zeitgleich auch Haus Lange und Haus Esters im Blick hat und dies alles gekonnt ins Heute mit aktuellen Bedürfnissen moderner Nutzung transformiert. Das große gläserne Foyer, in dem „Tangram of fire“ als künstlerischer Akzent von Thomas Weil an der Wand zu sehen ist, ist das offene für eine breite Palette an Veranstaltungen offene Herz dieses Baus. Dass der Komplex erbaut unter anderem von Gatermann und Schlossig mehrere Preise gewonnen hat, verwundert nicht. Darunter den Iconic Award 2017 und den Krefelder Architekturpreis.
Textilingenieurschule/Hochschule Niederrhein (Frankenring 20) In Düsseldorf dreht sich zurzeit architektonisch viel um einen Namen: Bernhard Pfau. Jener hatte vor 50 Jahren das dortige Schauspielhaus erbaut, das für seine geschwungene weiße Fassade und das markante Interieur geliebt wird.
Aber wozu in die Landeshauptstadt blicken – was ja auch mal ganz schön sein kann –, wenn wir auch unserer eigenen und durchaus beachtenswerten Pfau hier in Krefeld haben. Jener, der 1989 in Düsseldorf verstorben ist, hat nämlich auch hier seine Spuren hinterlassen.
Das Haus Vogelsang (Moylandstraße 23, 1950) und zwischen 1951 und 1954 die frühere Textilingenieurschule am Frankenring. Dessen Audimax, verkleidet mit eloxiertem Aluminium auf mächtigen Betonsockeln, gerne mit einem „gelandeten Raumschiff“ verglichen wird. Doch der gesamte Bau besticht durch eine raffinierte Kombination aus kühlen Glasflächen, formaler Ruhe und sprechendem Ausdruck – immerhin regt der herausragende Baukörper des Auditoriums doch so sehr die Fantasie der Betrachter an.