Kriminacht: Verbrechen bis um Mitternacht

Mafia, Trenchchoats und Rätsel gehörten zur Kriminacht mit Lesungen, Musical, Jazz und mehr.

Foto: Jochmann

Krefeld. Aus einer bunten Mischung setzte sich die erste Krefelder Kriminacht im Atrium der Mediothek zusammen: Das Stadttheater, die Mediothek, der Jazzclub und das Café Coelen hatten eingeladen. Dreh- und Angelpunkt: das Musical um eine Figur von Charles Dickens. „Wie können wir ,Edwin Drood’ ins Gespräch bringen?“, war die Überlegung von Christoph Elles vom Stadttheater, der den ausverkauften Abend konzipiert hat. Das Überraschungs-Programm bestand aus Lesungen, Musical und Jazz.

Der Ablauf war gekonnt geplant. Schlichter Anfang war ein Aufbegehren gegen die Mafia mit einer niederrheinischen Schokoladenspeise. Ina Coelen las aus einer eigenen Kurzgeschichte. Die jäh unterbrochen wurde — nach genau zwölf Minuten war bei jedem Vorleser Schluss. Ihr folgten im Atrium der Mediothek die Krimi-Autoren Thomas Hoeps, Ingrid Schmitz, Klaus Stickelbroeck und Jepe Wörz. Sie alle sind dem Niederrhein verbunden, durch Geburt, Wohnort oder Verortung ihrer Geschichten. Der Krefelder Hoeps las aus seinen Kurbadgeschichten. Verschachtelt wie in einer russischen Puppe begegnet eine Esoterikerin eingesperrten Musikern aus aller Welt. Schuss und Schluss — wieder offen.

Genauso bei der deftigen Geschichte, die ein Saunabesucher einem Kommissar erzählt. Obschon viele schreckliche Dinge zu berichten sind, hatte Klaus Stickelbroeck mit seiner drastischen Saunabesucher-Typologie die meisten Lacher. Wohl auch wegen seiner betonten Gestik. Jepe Wörz las anzügliche Gedichte, nach eigener Beschreibung „kleine Albernheiten“, die mit klassischen Krimis nicht so viel zu tun haben.

Dann leitete Ulrike Aistleitner zu Ausschnitten aus dem Musical „Edwin Drood“ über. Die Musik-Dramaturgin des Theaters machte beim Krimiabend die Conference und erklärte, dass es sich bei „Edwin Drood“ um das letzte Werk des Autors Charles Dickens handelte. „Er konnte es nicht vollenden. Denn er starb 1870 an einem Herzinfarkt.“ Seitdem ist die Geschichte ein Publikumsrenner:

„Wer war‘s?“, bleibt die offene Frage. Romane, Theaterstücke, Musicals versuchen sich an der Antwort. Aus der Musical-Fassung von Rupert Holmes wurden einige Songs als Appetithäppchen präsentiert, die Sänger stilgerecht in beige Trenchcoats mit Schlapphüten gekleidet (Lisenka Kirkcaldy, Gabriela Kuhn, Susanne Seefing, Julian Culeman, Sebastian Seitz; Karsten Seefing am Klavier).

Der Clou von „Das Geheimnis des Edwin Drood“ im Stadttheater wird sein: Das Publikum kann sich an der Lösung des Falls beteiligen und so das Geschehen auf der Bühne lenken. Raten konnte auch das Publikum in der Mediothek. Die schwungvollen Musiker des „Last Minute Quartetts“ spielten sechs Krimimelodien, die es zu erkennen galt. Der einsame Sieger löste vier Fälle und hat nun Premierenkarten in der Tasche.

Nach der Pause lasen noch Hausherr Helmut Schroers aus „Föhntage“ von Jörg Maurer und Theaterintendant Michael Grosse aus Ferdinand von Schirachs „Der Fall Collini“. Hier entstand klassische Krimi-Spannung; besonders Grosse fesselte das Publikum. Den Abschluss bildeten Melodien aus „James Bond“ und „Miss Marple“, wieder fabelhaft gespielt vom „Last Minute Quartett“. Gegen Mitternacht war Schluss — mit viel Beifall.