Kunst trifft auf Architektur
Mit „Exat 51/Jasmina Cibic“ beginnt morgen eine sehenswerte Doppelschau.
Seit einem Jahr leitet sie die Kunstmuseen der Stadt, jetzt präsentiert sie ihre erste eigene Ausstellungskonzeption: Mit „Exat 51/ Jasmina Cibic“ ist der Museumsdirektorin Katia Baudin eine sehr interessante und sehenswerte Doppelschau gelungen. Unter dem Titel „Haus Esters und Haus Lange im Dialog“ schlägt sie eine Brücke ins ehemalige Jugoslawien und verbindet zugleich die Vergangenheit der Bauhaus-Villen mit heutiger Kunstauffassung. „Ideologie, Abstraktion und Architektur“ sind die Stichworte dazu. In Haus Lange geht es um einen Überblick zu der Künstlergruppe Exat 51 — „experimental atelier“ —, die ihre Vorstellungen 1951 in einem Manifest verkündete.
Sie wollten die Ideale der Vorkriegsmoderne fortführen: Dazu zählten Bauhaus, Konstruktivismus und de Stijl. Damals wollte sich Präsident Tito vom sozialistischen Osten ab- und dem Westen zuwenden. Das manifestierte sich auch bei den Künstlern, die sich der gegenstandslosen Kunst widmeten, da sie nach ihrer Meinung anders als der sozialistische Realismus die Gegenwart bereicherte. Die Gruppe Exat 51 vereinigte in sich Architekten, Designer, Grafiker, Bühnenbildner, Filmemacher und Künstler. Ihre Präsentation aus dem Jahr 1951 wird hier rekonstruiert und wie auf einer Bühne ausgebreitet. „Sie wollten eine Utopie schaffen“, sagt Katia Baudin, „deren Umsetzung ist etwas ganz Besonderes.“
Und das sind für unsere Augen auch die ausgestellten Werke. Sie verleugnen die Einflüsse der Bauhaus-Künstler nicht, besitzen aber doch eine sehr eigene Handschrift. Bühnenbilder, Pavillon-Entwürfe, Collagen, Bilder, Modezeitschriften, die alle mehr als einen Blick wert sind, und eine überraschende Wirkung auf den Betrachter haben: Das hat man so noch nicht gesehen. Baudin hat mit Tihomir Milovac kuratiert, der im Zagreber Museum für angewandte Kunst der Chefkurator ist und auch Bühnenbilder entwirft. „Die verschiedenen Künste werden hier erstmals zusammen gezeigt — das ist ja auch die Idee des Manifests“, sagt er.
Der vorgelegte zweisprachige Katalog „Synthese der Künste im Jugoslawien der Nachkriegszeit“ zu „Exat 51“ ist der erste in deutscher Sprache. Er liest sich gegen den Strich. Sein Umschlag — vom Buch heruntergenommen — ist eine Zeittafel zu Politik und Kunst in der Zeit von „Exat“. Ein Blatt zur Erklärung liegt aus; es wurde von Künstlerin Jasmina Cibic verfasst, die ihre Kunst im Haus Esters zeigt. Unter dem Titel „The Spirit of our needs“ legt sie ihre erste Einzelausstellung in Deutschland vor. Beim Eintreten ziehen grün-grau-gemusterte Vorhänge vor allen Wänden den Betrachter in ihren Bann. Sie zeigen schon wesentliche Aspekte der Arbeit der slowenischen Künstlerin, die in London lebt und arbeitet.
Die Textilfabrikation, die Arbeiten von Thorn Prikker und von Campendonk sind in die Architektur von Mies van der Rohe eingeflossen. Gründliche Recherche zum Umfeld ist wesentliches Merkmal von Cibics Kunstauffassung. „Ich arbeite immer in Archiven.“ Sie hat auch mit Krefeldern und mit Mies-Schülern gesprochen. Daraus ist dieses „Gesamtkunstwerk“ entstanden.
Einen äußerst gelungenen Part bilden die Filme Nada 1-3. Nada ist ein Frauenname, der die Bedeutung Hoffnung trägt. Der dritte wurde mit einer 15-köpfigen Crew hier in der Villa und im Deuß-Tempel im Stadtwald gedreht (die WZ berichtete) und thematisiert auch die Rolle der Frau in der künstlerischen Arbeit zu Bauhaus- oder Nachkriegszeiten. Alle gesprochenen Sätze in Nada 3 sind authentisch und entstammen den Diskussionen zu den Weltausstellungen im 20. Jahrhundert. Spannend auch Fotos, die sich mit einer Inszenierung von Bartoks Ballett „Der wunderbare Mandarin“ befassen. Zu Jasmina Cibics Installation im Haus Esters erscheint im Laufe der Ausstellung ein Katalog.
“ „Ideologie, Abstraktion und Architektur. Exat 51/ Jasmina Cibic“, Haus Esters und Haus Lange im Dialog. Eröffnung morgen, 11.30 Uhr. Bis 14. Januar 2018.