Lehrer Klamm zieht in den Krieg
230-mal hat Daniel Minetti den Nervenzusammenbruch eines Lehrers gespielt. Nun bringt er das Stück an Krefelds Schulen.
Krefeld. Der Lehrer sitzt vor seinen Schülern, auf dem Tisch steht eine fast leere Wodkaflasche. Er schüttet den Schnaps in seinen Kaffeebecher, nimmt einen Schluck, blickt teilnahmslos auf seine Klasse und liefert einen letzten verzweifelten Grund für sein Tun. „Ich trinke“, sagt er, „damit die ganze Scheiße nicht so an mich rankommt.“
Diese Szene werden Schüler in Krefeld und dem Umland bald live erleben. Das Stadttheater tourt mit dem Ein-Personen-Stück „Klamms Krieg“ durch die Klassenzimmer. Autor Kai Hensel zeichnet darin das Psychogramm eines Lehrers, der an seinem Beruf zerbricht. Durch eine schlechte Note hat er einem Jugendlichen das Abitur vermasselt, und der Junge hat sich umgebracht. Die Klasse verlangt eine Entschuldigung, so lange will sie ihren Lehrer anschweigen.
Als Schauspieler hat Daniel Minetti diese Rolle 230-mal gespielt, ab dem Jahr 2000 in Dresden, wo das Stück uraufgeführt wurde. „Ich hätte es sofort wieder gemacht“, sagt Minetti. „Einen guten Text hat man nie über.“
Dass er trotzdem nicht selbst Klamm werden kann, war schnell klar: Minetti wird abends auf der Bühne gebraucht. Also übernahm er die Regie, und der Essener Schauspieler Markus Rührer mimt den Lehrer im Kordsakko, mit strenger Brille und schnellem Schritt. Einer dieser Typen, die man als Schüler gehasst hätte.
Die Jugendlichen, sagt Minetti, haben oft mehr Mitleid mit Klamm als die Lehrer. Die hört er manchmal tuscheln: „Wäre gut, wenn Kollege Soundso das sehen würde.“ Dabei kann aus Klamms Eskalation wohl jeder etwas lernen. Krieg wird in vielen Klassenzimmern geführt, und meistens gibt es dabei keine Sieger.