Literatur Literarischer Sommer mit Geschichtenerzählern

Krefeld · Bei dem 21. deutsch-niederländischen Festival gibt es dieses Jahr zwei Programmpunkte in Krefeld.

Kulturbeauftrage Gabriele König (l.) und Evelyn Buchholtz, Leiterin Mediothek, stellen das Programm vor.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Literatur zwischen Deutschland und den Niederlanden bei herrlichen Sommertemperaturen – zum 21. Mal findet der „Literarische Sommer“ statt, auch in Krefeld. Dieses Jahr indes unter besonderen Voraussetzungen. Die Corona-Situation macht viele Dinge, die zuvor unbeschwert möglich waren kompliziert. Wobei es bei Lesungen, und um die geht es schlussendlich bei einem Literarischen Sommer, noch recht gut zu handhaben ist. Ballett beispielsweise oder gar Chöre haben mit ganz anderen Regeln zu kämpfen. Dennoch steht, wie die Macher betonen, natürlich die Ausgabe des Literarischen Sommers im Zeichen von Corona. Einiges musste ausfallen.

Indes können sich Literaturfreunde auf zwei durchaus beachtliche Events in Krefeld freuen. Beide so gestaltet, dass sie sowohl als Freiluft-Ereignis oder bei schlechtem Wetter auch innen stattfinden können. Am 6. August wird der deutsche Autor Michael Roes im Golf- und Country Club an der Elfrather Mühle lesen, am 13. August wiederum steht das Werk der Niederländerin Hagar Peeters in oder um Fabrik Heeder im Fokus. Dort kann man um die 35 Plätze organisieren, im Golfclub werden es unter Einhaltung der Regeln knapp 70 sein. Zu beiden Veranstaltungen können Karten aus Sicherheitsgründen, um genau zu wissen, wer vor Ort ist, nur online gebucht werden. Es geht in Corona-Zeiten um Nachverfolgbarkeit.

Peeters schrieb mit „Malva“ eine surrealistische Geschichte

Doch bei diesem deutsch-niederländischen Fest der Literatur soll es in erster Linie nicht um Bedingungen oder Schutzverordnungen gehen, sondern um die Kunst des Schreibens, Lesens, Geschichtenerzählens. Diese Kunst beherrschen beide Autoren brillant, auf jeweils eigene Weise. Übrigens bei Hagar Peeters „Lesung“ konnte Isolde Wabra vom Kresch-Theater gewonnen werden, aus der deutschen Übersetzung des Romans zu lesen. Und um welchen Roman wird es sich dabei handeln?

Peeters schrieb mit „Malva“ eine sonderbar surrealistische Geschichte um die Tochter Pablo Nerudas. Der chilenische Autor mag als großer Schöpfer gelten, doch als Mensch scheint er versagt zu haben. So schildert „Malva“, wie der berühmte Vater die mit einem Wasserkopf geborene Tochter verdrängte und verschwieg. Schließlich habe er dafür gesorgt, dass die Tochter und seine Frau nach Holland verschickt wurden. Aus den Augen, aus dem Sinn. Doch die Malva aus diesem Buch agiert aus einer Zwischenwelt heraus als eine Rezipientin des Verhaltens von ihrem Vater. Als allwissende Erzählerin. Sie umgibt sich mit Gestalten wie Goethe, die Grass-Figur Oskar Mazerath oder die Kinder von James Joyce und Arthur Miller, mit denen sie das Verhalten ihres Vaters und ihr eigenes Schicksal reflektiert.

Viel Melancholie und die Sehnsucht nach Reisen

Weniger surreal aber nicht minder berührend mag das Buch „Melancholie des Reisens“ von Michael Roes sein. Der Autor liest aus seinem Werk, dass ihn als einen aufmerksamen passiven Beobachter kennzeichnet. Jemand, der sich zurückhält, die Welt mehr wahrnimmt, als sie als Erlebnisort für sich gewinnen zu wollen. In kurzen Texten berichtet er von Situationen aus seinen Reisen in Länder wie Afghanistan, Israel, Jemen, Mali, Marokko und Tunesien. Vor allem gewährt Roes in diesem Buch Einblick in die Entstehung seiner Werke – also auch ein Blick aus der Metaebene hinein in die Paradigmen seiner Reisen, die für ihn Leidenschaft, Lebensform und Geisteshaltung zugleich sind. Wie sehr dieser Titel derzeit zur aktuellen Lage passen mag, konnten die Macher natürlich noch nicht wissen, als sie das Planen für das Festival anfingen. Doch manchmal fügt sich einiges besser als gedacht – auch in weniger erfreulichen Lagen wie Corona. So viel Melancholie und die Sehnsucht nach Reisen, die nur bedingt oder gar nicht möglich sind, steckt doch derzeit in den Knochen unserer Gesellschaft.

Umso erfreulicher ist, dass trotz allem dennoch diese beiden Lesungen mit Publikum realisierbar sein werden. Maren Jungclaus wird die Gespräche im Rahmen beider Lesungen moderieren, kündigten die Kulturbeauftragte der Stadt Gabriele König und Evelyn Buchholtz, die Leiterin der Mediothek an, während sie in dem sonnigen Garten der Villa Merländer das Programm vorstellten.

Und noch etwas verrieten sie. Auch wenn es nicht Teil des Literarischen Sommers sein wird, können sich Freunde der schönen Sprache auch noch auf die Lesung mit Ulla Lenze freuen, die frisch gekürte Trägerin des Niederrheinischen Literaturpreises ist. Sie liest am Tag nach der Preisverleihung am 7. September in der Mediothek.

Alle Infos finden sich online.