Serie Expressionistisches Farbenspiel

Serie | Krefeld · Wir stellen die neue Sammlungspräsentation der Kunstmuseen Krefeld vor: „15 Räume, 15 Geschichten“ im Kaiser-Wilhelm-Museum. Teil zwei mit zwei Räumen.

Im Raum „Monumentale Farbe“, sind die expressionistischen Bilder von Heinrich Nauen zu sehen. Sein „Drove-Zyklus“, der heute als sein Hauptwerk gilt, wird am Stück und großzügig gehängt gezeigt.

Foto: Andreas Bischof

In dieser Folge unserer Serie zu der neuen Sammlungspräsentation der Kunstmuseen Krefeld im Kaiser-Wilhelm-Museum (KWM) geht es um besondere Lebenswege von Kunst. Zwei Räume von insgesamt 15, die jeweils zu unterschiedlichen Themen „Geschichten“ erzählen sollen, haben wir ausgesucht.

Der eine Raum – genannt: „Monumentale Farbe“ –, der als Herz der neuen Sammlungspräsentation im ersten Obergeschoss des Hauses am Westwall gelten könnte, widmet sich einem großformatigen Zyklus, der früher einmal in einem Schloss hing und auch noch weitere spannende „Geschichten“ zu erzählen hat. Zum Beispiel über die Motivation des Künstlers. Der andere Raum – mit dem Namen „Provenienzforschung. Die Lebensgeschichten der Bilder“ – dreht sich ganz explizit um die immer wichtiger werdende Arbeit, die auch am KWM betrieben wird, um die Herkunft von Kunst zu erforschen und zu garantieren, dass keine Raubkunst unrechtmäßig in Museen hängt.

Heinrich Nauen schuf sechs Gemäldetafeln für die Burg Drove

Der Künstler, der in dem Raum „Monumentale Farbe“ ganz und gar in dem Fokus steht, heißt Heinrich Nauen. Der niederrheinische Expressionist schuf zwischen 1912 und 1913 den sogenannten Drove-Zyklus. Dieser heißt so, weil er im Auftrag Edwin Suermondts für dessen Burg Drove, dem Familienwohnsitz in der Nordeifel, gefertigt wurde. Gedacht für ein in sich schlüssiges, als Ganzes gestaltetes Musikzimmer, ließ der Sammler und Kunsthistoriker dem 1880 in Krefeld geborenen Maler bei der Themenwahl für seine großformatigen Bilder freie Hand. Es entstehen sechs große Gemäldetafeln, die von ihrer Motivik, Gestaltung, also auch Komposition her, aus dem reichen Fundus der Kunstgeschichte, bis hin zu japanischen Holzschnitten, die Nauen wohl seinerzeit vielleicht auch im Kaiser-Wilhelm-Museum hätte bewundern können, schöpfen.

Der eigentliche rote Faden, das Geheimnis hinter der Serie ist allerdings eine definierte Farbfolge, dem Regenbogen folgend, – Gelb, Grün, Blau, Rot, Orange und Gelb, wissen Kunstwissenschaftler zu erklären. Zumindest so ist es aus den an der Wand des Raumes im Herzen des KWM lesbaren Begleittextes zu entnehmen. Dort liest sich auch, dass es einen Wechsel zwischen aktivem und passivem Kompositionsaufbau gebe. Schlussendlich fällt es dem Betrachter auf den ersten Blick eher schwer, die einzelnen Gemälde (Amazonenschlacht, Gartenbild, Badende Frauen, Besuch, Pietà und Erntebild) in einem Zusammenhang zu begreifen. Zu unterschiedlich sind sie, bei aller Handschrift des Schöpfers, in Form und Inhalt. Doch gerade hier mag auch das hermeneutische Geheimnis liegen. Vielleicht wollte Nauen schlicht die ganze Bandbreite seiner Kunst und die vielen Bezugspunkte seiner ästhetischen Genese kaleidoskopartig vorstellen. Oder es ist schlicht ein bisweilen maskiertes Spiel mit künstlerischen Stereotypen, die fast postmodern neu gedeutet werden. Natur, Mensch, Gesellschaft und Künstlichkeit, Stil und Ursprünglichkeit im synthetischen Einklang. Übrigens: Das Musikzimmer auf der Burg wurde im Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört.

Womit wir bei dem Themenfeld des zweiten Raumes, den wir in diesem Teil der Serie beleuchten wollen, wären. Den Lebensgeschichten von Kunstwerken; vor allem auch mit Blick darauf, wer es wann, freiwillig oder auch eben nicht, verkauft oder erworben hat. Handelt es sich etwa um NS-Raubgut? Vielleicht um lang verschollene Erbstücke? Um solche Themen kümmert sich die Provenienzforschung. Auch an den Kunstmuseen Krefeld wurden in einem einjährigen Projekt (gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste) Gemälde untersucht, die zwischen 1946 und 1970 erworben wurden. Eine Zeit, in der der überwiegende Teil der klassischen Moderne an das Haus gelangt sei. Und zeitgleich eine Zeit, in der durchaus auch viel NS-Raubkunst im Umlauf gewesen sein durfte. Die Recherchen haben die Provenienz vieler dieser Werke klären können, heißt es in dem Begleittext, der auch davon zu berichten weiß, dass Direktor Paul Wember bemüht war, die in der NS-Zeit entstandenen Lücken im Bestand der Museen durch Ankäufe zu schließen.

Die Forschungen gleichen Kriminalgeschichten, bei denen auch mal langwierige Untersuchungen vonnöten sind. Rückseiten der Leinwände (als Reproduktion ausgestellt) verraten da oft, aber eben nicht immer, einiges. Manchmal helfen auch Zufallsfunde wie Fotos, Markierungen, Tagebuchnotizen. So stellte sich beispielsweise bei Max Liebermanns „Judengasse in Amsterdam“ 1905 heraus, dass es sich doch nicht um das von Erben eines Kunstsammlers gesuchte Exponat handelt. Denn ein Foto aus der Wohnung des Sammlers zeigt, dass es Unterschiede gibt, wie etwa das Format und Details, erklärt der Begleittext. Diesen und ähnlichen Beispielen einen Raum zu widmen, ist ein wichtiges Signal.