Kulturerbe Das geheime Album der von der Leyens
Krefeld · Das Museum Burg Linn hat ein großes Heft mit gesammelten Privat-Zeichnungen der Familie aus dem 19. Jahrhundert erworben.
Ein von außen unscheinbares Album, viel mehr vielleicht ein Skizzenheft – macht kaum was her, möchte man denken. Doch auf den bräunlich gefärbten Seiten kleben unzählige, mal feiner, mal etwas rustikaler gezeichnete Miniaturen. So unterschiedliche Szenen und Motive, Themen und Anlässe und wohl auch Urheber, dass man sich fragen mag, wer diese Skizzen dereinst zusammengetragen, ausgeschnitten und aufgeklebt haben mochte. Mit welchem Ziel?
Geschichte wirkt fast wie
aus einem Mystery-Thriller
Das Geheimnis dieses besonderen Objekts hätte getrost für immer verloren gehen können. Hätte, wie so oft bei besonderen Antiquitäten der Zufall nicht mitgespielt. Die Geschichte wirkt fast wie aus einem in dunstiges Licht getauchten Mystery-Thriller um geheimnisvolle Skizzen, unsichere Datierungen und einem überraschenden Fund.
Christoph Deutermann, stellvertretender Leiter des Museums Burg Linn, durchstöbert immer wieder das Internet auf der Suche nach für sein Museum interessanten Objekten. Plötzlich fiel ihm ein Exponat auf, das über ein Berliner Antiquariat angeboten wurde. „Szenen aus den Familienalben und dem Deutsch Französischen Krieg, Album der Familie von der Leyen“ betitelt, wurde eben jenes Objekt angeboten, das sich als eine etwas skurrile, aber umso reizvollere kleine Sensation herausstellen sollte.
Nicht weil es so sehr wertvoll ist, aus kunsthistorischer Sicht, sondern weil es Einblicke gewährt auf den intimen Blick einer Familie auf die Welt. Und bei dem Namen „von der Leyen“ klingen sämtliche Alarmglocken von Krefelder Geschichtspflegern.
Dank der Unterstützung des Vereins der Freunde des Museums konnte also schließlich das großformatige Heft erworben werden. Man konnte sogar von dem Angebotspreis von 1300 Euro herunterhandeln, heißt es. Und nun ist es hier in Krefeld, da wo es hingehört. Und das zweifelsohne. Denn eine aus dem Nachlass der von der Leyens stammende Zeichnung, die im Museum hängt und Maria von der Leyen zeigt, ist der ersten Seite dieses Albums aus dem Gesicht geschnitten. Jemand muss die Tuschezeichnung seinerzeit abgezeichnet haben. Ein zufälliger aber sehr eindrücklicher Provenienz-Beweis, weiß man indes leider auch nicht genau, welche verschlungenen Pfade das Album aus Krefeld in die Welt nahm, ehedem es im Antiquariat landete.
Das Dokument sei typisch für
das 19. Jahrhundert
In dem mit Klebebindung zusammengehaltenen Heft, das vermutlich, so Dautermann, nach 1881 zusammengefügt wurde, offenbar auch seiner Anmutung nach, so der Experte, aus dem 19. Jahrhundert stamme, findet sich eine schier unendliche Schar an Zeichnungen. Teilweise von einem Conrad von der Leyen, wohl auch von Karl, der die Sammlung sogar selbst zusammengestellt haben mochte. Es müsste viel geforscht werden um genauere Angaben machen zu können, heißt es. Die Datenlage ist unsicher.
Die frühen Zeichnungen sind datiert auf 1862, die späteste ist wohl aus dem Jahr 1881. Dort sind Landschaften aus Reisen zu sehen, Karikaturen, sogar eine Verballhornung des von der Leyenschen Wappens. Alles schön und säuberlich thematisch sortiert. Badeszenen, Stilstudien, Porträts, bisweilen abgezeichnete Szenen, teilweise koloriert, in verschiedenen Techniken. Eine ganze Reihe der Zeichnungen skizziert, vielleicht Erinnerungen an den Deutsch Franzöischen Krieg 1870/71.
Eines ist bei allen offenen Fragen gewiss; es ließen sich so manche Geheimnisse diesen Zeichnungen entlocken, hätte man Menschen, die man fragen kann. Doch mit den Generationen geht auch das Wissen über den Sommerurlaub 1870 oder den schlafenden Freund genauso verloren, wie die Frage, wieso etwa ein junger Mann in der „Tertia“ 1862 das Rosettenfenster des Stefansdoms in Wien zeichnete.
Ganz ungewöhnlich ist es indes nicht, das Menschen aus gutem Hause auf ihren Reisen oder auch sonst gerne der Kunst des Zeichnens nachgingen.
Man suche derzeit noch einer Möglichkeit das Objekt zeitnah dem Publikum zugänglich zu machen. Vielleicht digitalisiert auch zum Durchblättern, beziehungsweise Wischen? Das Museum werde Bescheid geben, was möglich ist, hieß es.