Mal einfühlsam, mal kraftvoll
Alexander Gadjiev interpretiert in der Reihe der Kawai-Konzerte Werke von Schumann, Brahms und Prokofjev.
Krefeld. Alexander Gadjiev (*1994) sorgte bei seinem Auftritt in der Reihe der Kawai-Konzerte für einen sehr gut gefüllten Helmut-Mönkemeyer-Saal der Musikschule. In der Romantik und Spätromantik hatte er in seinem Programm den Schwerpunkt gelegt. Seine Ausdrucksstärke vom einfühlsamsten bis zu monumentalem, kraftvollen Spiel konnte der junge Pianist damit unter Beweis stellen.
Maria und Eckhard Bayer, Besucher
Gadjiev beginnt mit Robert Schumann (1810-1856), Kreisleriana op. 16. Beim „Äußerst bewegt“ lässt er keinen Augenblick einen Zweifel an der Satzbezeichnung aufkommen. Trotzdem kann er dem Stück eine klare wie feine Phrasierung geben.
Den nachfolgenden Satz „Sehr innig und nicht zu rasch“ gestaltet er in filigraner Weise: Schön hebt er die Melodie heraus und gibt ihr eine fast geheimnisvoll klingende Begleitung, als käme sie von einer anderen Ebene. Er schafft in diesem Satz eine starke Räumlichkeit.
Die weiteren Sätze bringen schon von ihren Titeln her einen ständigen Wechsel zwischen lebhaft/rasch und sehr langsam. Gadjiev kann die große Palette seiner Interpretationsmöglichkeiten wunderbar deutlich machen. Einfühlsam zart mit einem weichen Anschlag, dann lebhaft keck sowie kraftvoll und dynamisch, ohne den schon vorgegebenen Rahmen zu sprengen. Die Spannbreite dieses romantischen Werks versteht er auszuloten.
Bei den Variationen über ein Thema von Paganini von Johannes Brahms (1833-1897) gelingt es ihm, dem Shigeru-Flügel mit seinen Interpretationen viele Klangfarben zu entlocken. Im Grundtenor wird sein Anschlag jetzt härter. Fast klirrend präsentiert er den Beginn. Das Virtuose des „Teufelsgeigers“ und seiner Werke, das Brahms hier umsetzt, kommt in unterschiedlicher Weise heraus. Bei den „tobenden“ Läufen und Akkordfolgen kann man sich Sorgen um das Instrument und seine Belastbarkeit machen. Gadjiev inszeniert ein musikalisches Unwetter, wie schön, dass er und der Komponist dann auch wieder die Ruhe nach dem Sturm mit lyrischen Melodiebögen und begleitendem Plätschern einkehren lassen.
Dann folgt eine tänzerische Variation, bei einer anderen strotzt es nur so vor Selbstbewusstsein, und der Pianist darf noch einmal in einer „Wirbelwind-Variation“ ein atemberaubendes Tempo an den Tag legen. Mit einigen Bravorufen wird er in die Pause entlassen. Den zweiten Teil seines Konzerts hat Gadjiev Sergej Prokofjev (1891-1953) gewidmet. Chronologisch korrekt beginnt er mit dessen Klaviersonate Nr. 1 in f-Moll op. 1, die er als 17- oder 18-Jähriger geschrieben hat. Ein Stück voller jugendlichem Sturm und Drang. Da scheinen Komponist und Interpret Wahlverwandte zu sein. Kraftvoll, oft im Fortissimo und Presto unterwegs, doch trotz aller Monumentalität, bei der man sich wieder Gedanken um die Belastbarkeit des Instruments wie der Hände des Pianisten machen könnte, gibt Gadjiev auch diesen Klanggebäuden eine deutliche Struktur.
Mit Prokofjevs Klaviersonate Nr. 6 in A-Dur op. 82 setzt er dies fort. Mit einem gefühlvollen Chopin ohne unnötige Sentimentalität trägt er dann wieder etwas zur Beruhigung des Publikums und der im Raum liegenden Spannung bei — um dann aber wieder mit einer kraftvollen virtuosen Zugabe nachzulegen. Es wird deutlich, welche physische Fitness auch beim professionellen Klavierspielen gefordert sein kann.