Mit Schwefelhauch und im Theater
Pit Therre begeht „Mündlichen Verrat“. Er spielt eine eigene Übertragung ins niederrheinische Plattdeutsch - das verleiht den Beschwörungsformeln, den Sinnsprüchen, den Anekdoten und Weissagungen noch mehr ursprüngliche Kraft.
Krefeld. Das Fischelner Theater am Marienplatz, die gern vergessene heimatliche Schnittstelle zur musikalischen Avantgarde, gehört zur "Krefelds Kult(ur)stätten" - und war eine von fünf Stationen im Rahmen der "Muziek Biennale". Pit Therre gab noch einmal Kagels "Mündlichen Verrat" - und schon wurde es ein Rendezvous mit dem Leibhaftigen.
Gefühlte vier Jahrhunderte ist Kagels "Musikepos über den Teufel in niederrheinischen Mundart" schon im TAM-Repertoire. Die ursprünglich vorgesehenen drei Akteure hat Therre zusammengestrichen, er ist Übersetzer, Regisseur, Sprecher, Spieler in einem. Auch die Sprache hat er sich "maulfertig" gemacht:
Er spielt eine eigene Übertragung ins niederrheinische Plattdeutsch - das verleiht den Beschwörungsformeln, den Sinnsprüchen, den Anekdoten und Weissagungen noch mehr ursprüngliche Kraft. Selbst wenn man nicht alles versteht - Therres wandelbarer Bass ist wie gemeißelt fürs Menetekel.
Und so gluckst, schnurrt, seufzt, schnarrt und donnert er sich durch diesen "Mündlichen Verrat", dass es wieder einmal ein wahrhaft katholischer Spaß ist. Erzählt von den Metamorphosen des Gottseibeiuns, grunzt uns die letzte Wahrheit über Gespenster entgegen und weiß sogar, dass die Gehängten auf ewig zwischen Himmel und Erde schweben.
Mit der Mundharmonika gibt’s eine herrliche Ode an den Mond, Pferdegetrappel auf der Brust, das Klavier mal sanft gestreichelt, malt derb malträtiert - in schmaler Instrumentierung präsentiert Pit Therre uns diesmal den Verrat, doch umso größer ist die absolute Gewissheit des Abends: "Dat is kinne vertell, dat is woar!"
Und noch später auf dem Rad schaut man verunsichert ein- oder zweimal über die Schulter: Vielleicht sitzt einem der Gehörnte ja schon im Nacken. Therres "Mündlicher Verrat" gehört zur sympathischen Folklore dieser Stadt, jene Art von Folklore, die einem mit schallendem Gelächter ins Gebein fährt. rel
(Weitere Aufführungen: 10., 17. und 24. September, jeweils 22 Uhr im TAM)