Krefeld „Music Made in Krefeld“: Eine Scheibe, auf die man stolz sein kann

Der neue Sampler „Music Made in Krefeld“ präsentiert die heimische Musikszene in ihrer ganzen Vielfalt. 23 Bands spielten Titel ein.

Foto: Philip Lethen

Krefeld. Das ist wohl der umfangreichste Sampler, den die Krefelder Pop- und Rockgeschichte jemals gesehen hat. 23 Stücke von 23 Bands hat Kurator Philip Lethen auf „Music Made in Krefeld“ versammelt. Ganz nebenbei schlägt die Anthologie mit seinen Teilnehmern einen Bogen über 50 Jahre Geschichte der hiesigen Musikszene. Am 15. und 16. Dezember präsentieren immerhin 14 der 23 Bands ihren Sampler auf der Rennbahn.

Die ersten sogenannten Krefeld-Sampler gab es in den 1990er Jahren. Auf „Creinveld 113“ (1991) und „Creinveld 215“ (1994) waren die meisten der damals wichtigen Independent-Bands versammelt. Zwischen 2003 und 2012 wurden vom Netzwerk Krefeld Achtung, der Krefelder Rock-Community, dann noch einmal vier Sampler herausgebracht.

Mitten auf der ersten CD des neuen Samplers darf Waldo Karpenkiel (1948) trommeln. Er bringt mit seiner rein instrumentalen Percussionsnummer den Flow der Scheibe zwar etwas ins Stolpern, doch das Urgestein der Szene gehört hier einfach dazu. Karpenkiel startete 1964 mit der Beatband The Generals sein Musikerleben.

Auf dem Sampler ebenfalls vertreten ist das Duo You (Udo Hanten und Albin Meskes), das mit seiner elektronischen Musik schon in den 1970er Jahren aktiv war. Markus Maria Jansen startete in der Band M. walking on the water Ende der 1980er Jahre seine Karriere. Auf dem Sampler hört man ihn mit seiner Band Jansen.

Mit Dear Wolf, ebenfalls einer Band aus den 1980er Jahren, tritt E-Gitarrist Martin Smeets nur noch selten auf, mit seinem aktuellen Projekt Smot aber liefert Smeets einen rockig-knalligen Auftakt für den aktuellen Sampler, bei dem Silja Steffestun-Gottschalk als neue Rockstimme ihre Visitenkarte abgibt.

Am meisten freuen kann man sich vielleicht darüber, dass hier Lutz Caspers wieder zu hören ist. In den 1990er Jahren legte der talentierte Singersongwriter mit einem Händchen für komplexe Arrangements mehrere Platten mit seiner Band Black Mesa vor. Auf dem Sampler gibt es einen ganz neuen, wunderschönen Song von Caspers.

Kurator Philip Lethen, auch schon in den 1990er Jahren aktiv, ist als Bassist mit seiner aktuellen Band Construction Set zu hören. Das Quartett macht alternativen Rock mit 1980er-Jahre-Elementen.

Man könnte jetzt in Besetzungsdetails noch mehr Bezüge zur Vergangenheit herstellen, aber das führt zu weit. Natürlich sind auch die neuen Helden fast alle vertreten: der sympathische Singersongwriter Patrick Richardt ebenso wie die Fog Joggers, das vitale Mondo Mashup Sound System ebenso wie das Horst Hansen Trio mit seinem „Überjazz“ und das Provinztheater mit seinem schrulligen Retrosound. Sie alle haben schon lokal, regional, zum Teil auch schon bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt.

Die Soulpop-Stimme von Alexandra Funken (Alex’s Kept Secret) lässt ebenso aufhorchen wie der Gesang von Viola Ferstl in dem Popsong von May. Und auch bei Minor Cabinet gibt es mit Sänger Julian Jasny eine Stimme, die mit ihrem individuellen Timbre und ihrem gefühlvollen Vortrag überzeugt.

Die sehr unterschiedlichen Ambient-Projekte Bygesett Orchestra und Sounds of New Soma sowie die überhaupt nicht eindimensional hart agierenden Metal-Bands Pavallion und Isaac Vacuum, die beide vor kurzem erst interessante Alben vorlegten, sind bestimmt etwas für Fans, die man mit Mainstream-Musik eher verstimmt. Punk kommt von der Band Die Schönen und das Biest, bei der tatsächlich Krefelds Urpunk Brillo mitmacht.

Die Band Frau Mathei singt mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Rock-Schlager und Salon-Chanson, Les Terroritas, ein Projekt von Singersongwriterin Petra Krieger mit musikkabarettistischem Einschlag, und Thomas Truax, der seine Songs mit selbst gebauten Instrumenten begleitet, runden diesen Sampler ab. Da war doch noch einer? Ach ja, Björn Gögge fällt zum Schluss mit romantischer Klaviermusik schön aus dem Rahmen.

Um es zusammenzufassen: In der Breite der Stilistik und der gewissermaßen historischen Tiefe der Auswahl sollte dieser Sampler für jeden Krefelder Musikfan ein absolutes Objekt der Begierde sein. Und auf die Vielfalt, die sich hier darbietet, kann man ganz lokalpatriotisch auch mal stolz sein.