Nacht der Kirchen: Lichtspiele im mystischen Raum
Die WZ hat sich bei der Nacht der offenen Kirchen umgesehen.
Krefeld. Stille herrscht auf der Straße, nur aus der Annakirche dringt Chorgesang. Eine Handvoll Leute unterhält sich leise an Stehtischen. Im Dämmerlicht bietet die Pfarrgemeinde an einem kleinen Büffet "kulinarische Köstlichkeiten unterm Turm". Das Innere der Kirche ist in ein mystisches Licht gehüllt, orangefarbene Strahler und Kerzen schaffen eine besondere Atmosphäre. Dazu erklingt gerade das Ave Maria.
In St. Anna hat man sich ein musikalisches Marienlob als Programm für die Nacht der offenen Kirchen ausgewählt. Loblieder auf die Mutter Gottes in Gesängen der West- und der Ostkirche, nicht unbedingt konzertreif vorgetragen, aber stimmungsvoll. Ein besonders Klangerlebnis wird angekündigt, ein "Hymnos akathistos", der seit über 1300 Jahren von den orthodoxen Christen gesungen wird. Die Musik wirkt meditativ, einzig die lauten Erläuterungen zwischen den Strophen stören die Atmosphäre.
In St. Cyriakus in Hüls ist mehr los. Hat man seinen Weg durch die Fahrradreihen und das kleine, gut besuchte Mini-Büffet im Kircheneingang gefunden, betritt man einen dunklen Raum, an dessen Ende Lichtspiele alle Blicke sofort auf sich lenken. Die blau-weißen Reflexe scheinen die Gewölberippen und die Zierformen des neugotischen Hochaltars in langsame, fast schon hypnotisierende Bewegungen zu versetzen - und dies alles hinter einem farbig-nebligen Schleier aus dicken Strahlenbündeln. Dazu erklingt das Kyrieeleison der Sängerin Gabriele Schürenberg, begleitet von Geige, Saxophon und Keyboard. Die religiösen Texte im Jazzgewand in diesem Ambiente gehen unter die Haut.
Dann folgt eine weitere Attraktion, die schnell irdisches Gedrängel im eben noch mystischen Raum auslöst. Es wird zur Besteigung des Glockenturms geladen. Der Andrang vor der Tür ist so groß, dass Gruppen zu 30 Personen gebildet werden müssen. Pfarrer Paul Jansen übernimmt die Führung der ersten Tour in die luftige Höhe. Die Schlange der Neugierigen windet sich die enge Wendeltreppe im Turm hoch. Scherzbolde löschen immer wieder das Licht, aber es gibt ohnehin nur eine Richtung.
Unerwartete Einblicke gibt es schon auf den Plankenwegen über das Kirchengewölbe. Wie Abschnitte eines überdimensionalen Eierkartons sehen die Gewölbekappen von hier oben aus. Am Ende des weiten Raums geht es über sehr steile Stiegen vorbei an den Glocken in die Höhe. Es wird luftiger, man spürt die Kühle der Nacht, die durch die nur mit Gittern versperrten Öffnungen dringt. Dann ist der schmale Gang außen am Rand des Turmhelms erreicht. Ein weiter Blick hinaus in die dunkle Ferne, das Lichtband der Krefelder Straße zu unseren Füßen - dieses Panorama ist ein würdiger Abschluss für die Nacht der offenen Kirchen.