Neues Online-Format der Krefelder Kultur Musikerin Naheli verzaubert das Stadtbad
Krefeld · Auf dem Boden des Herrenschwimmbeckens im altehrwürdigen Stadtbad an der Neusser Straße stand am Freitagabend ein mächtiger Yamaha-Klavierflügel. Welch eine spannende Kulisse und Atmosphäre für ein Konzert, eingebettet in eine Choreografie aus LED-Lichteffekten, die die Architektur des früheren Stadtbades und die Protagonistin geschickt ins rechte Licht rückten.
Fast etwas verloren wirkte Pianistin, Sängerin und Texterin Naheli alias Lina Farah an dem großen Flügel. Gut eine Stunde lang präsentierte sie Songs aus einer Mischung von Soul und Artpop, die über einen Youtube-Kanal gestreamt wurden. Zuhörer gab es wegen Corona nur am Bildschirm, aber nicht vor Ort.
Zunächst Studium
der Humanmedizin
Dabei beeindruckte Naheli mit ihrer reinen, warmen Stimme, die sie je nach Song zwischen sanft und leidenschaftlich variierte. Als Kind ägyptischer Eltern wuchs sie in Krefeld auf und verriet ihre enge Beziehung zum Stadtbad, in dem sie schwimmen gelernt und das Seepferdchen erworben hat. „Nach dem Abitur wollte ich sofort mit der Musik loslegen. Aber meine Eltern bestanden darauf, dass ich zunächst einen richtigen Beruf lernte“, berichtet sie unserer Zeitung. Also studierte sie Humanmedizin und promovierte, hat aber ihren Beruf nie ausgeübt. Vielmehr widmete sie sich ab sofort ihrer großen Leidenschaft – der Musik. Mit Erfolg: Sie tritt keineswegs nur regional auf. Ihr rastloser Weg führte sie im vergangenen Jahr nach Ägypten, Japan und Großbritannien.
Ursprünglich sollte sie am Freitag ihr musikalischer Weggefährte Till Menzer am Schlagzeug begleiten, ein hochkarätiger Drummer der Krefelder Musikszene. Beide Akteure waren Teil des Pop-Projekts Kassiopeia, das vor zehn Jahren als klassische Rock-Pop-Band in der Region auftrat. Die Gruppe hat sich längst aufgelöst, während sich die beiden Künstler musikalisch weiterentwickelten. Leider habe sich bei den Proben im Stadtbad ergeben, dass sich seine Percussions-Instrumente akustisch nicht optimal für den Stream aussteuern ließen.
So präsentierte Naheli alleine selbst komponierte und getextete Songs sowie Lieblingslieder von Interpreten wie NSYNC (Bye bye bye) und Sugababes. Und was könnte besser in eine Schwimmhalle passen als ihr aktueller Erfolgshit Waves? Man hört die Wellen förmlich rauschen. Die ruhige Ballade ist eine Einladung, der Realität zu entfliehen, inspiriert von der Angst vor dem Unbekannten und davor, etwas zu verlieren. Naheli und Menzer waren von der Atmosphäre im früheren Herrenbad begeistert. Als Künstler leiden sie unter dem Lockdown und sind derzeit froh um jedes Engagement.
Eine große Solidarität
in der Branche
Unter der Krise leidet auch Gregor Illbertz von der gleichnamigen Veranstaltungstechnik in Krefeld, der Initiator des Abends. Er beklagt „Tote Hose“ in der gesamten Veranstaltungs- und Kulturszene. „Ich will im Gespräch bleiben und die Jobs meiner Mitarbeiter sichern, auch wenn dies zunehmend schwerfällt“, begründet er sein Engagement im Stadtbad, zu dem er kostenlos neun Mitarbeiter und die komplette Licht- und Tontechnik bereitstellte. Normalerweise hätte ihm so ein Abend Einnahmen in fünfstelliger Höhe eingebracht. Als Mitstreiter konnte er Dirk Schrot von Rehbock Pianos aus Düsseldorf gewinnen, der als Yamaha-Vertreter gratis einen Konzertflügel anlieferte. Die Solidarität in der Branche sei groß und die Zusammenarbeit ausgezeichnet, sagt Illbertz.
Dazu passt das Engagement des Vereins Freischwimmer Krefeld, dessen Mitglieder sich um die Revitalisierung des Stadtbads ehrenamtlich verdient machen. Zusammen mit „Allesamt am seidenen Faden“, einer Initiative der freien Kulturszene Krefeld, trugen sie zum Gelingen des Konzerts am Freitagabend bei. Der Online-Zähler wies 302 eingewählte Zuschauer aus und wird in den folgenden Tagen noch zulegen. Einloggen kann man sich unter Naheli Stadtbad oder ivt competence.