Nostalgische Ausstellung erinnert an Krefelder Philipswerks
Das Museum Burg Linn entführt in eine Zeit der überdimensionalen Videorekorder und Rasierer "für echte Männer".
Krefeld. Mobil ist relativ, erst recht bei Telefonen. 1988 zum Beispiel brachte Philips ein Autotelefon auf den Markt, für dessen Transport man zwei starke Arme oder einen handelsüblichen Rollkoffer brauchte. Dass die Innovation seinerzeit „Porty“ getauft wurde, wirkt aus der Sicht heutiger Handybesitzer eher putzig.
Zu sehen ist das klotzige Gerät in einer kleinen Sonderausstellung im Museum Burg Linn. Sie erinnert an das Philipswerk, das bis 1996 am dortigen Kreuzweg angesiedelt war. In der Fabrik wurde 1951 der erste Fernseher gebaut, der je in Deutschland produziert wurde. Auch dieser legendäre „Starenkasten“ ist nun in einer Vitrine zu sehen.
Als in Linn die ersten Fernseher entstanden, war Rundfunk ein Nischengeschäft. Wer ein Gerät besitzen wollte, brauchte dafür eine Betriebsgenehmigung. „Fernseher standen meist nur in Wirtschaften“, sagt Museumsdirektor Christoph Reichmann.
Doch mit dem Wirtschaftswunder kam der Boom: Während 1952 in Deutschland nur 300 Fernseher gezählt wurden, waren es zwölf Jahre später bereits sieben Millionen. Auch das Werk in Linn wuchs entsprechend. Zu Spitzenzeiten waren 3250 Menschen dort beschäftigt, sie fertigten später auch Faxgeräte und Videorekorder. Das Werk in Linn war so bedeutend, dass sogar die Zufahrtsstraßen vierspurig ausgebaut wurden.
An diese Glanzzeiten knüpft die Ausstellung an. Dem Retro-Charme der dort gezeigte Radios und Fernsehgeräte kann man sich kaum entziehen, in ihrer reduzierten Form und ihrer Funktionalität wirken sie fast schon wieder modern.
Andere Stücke erscheinen heute eher skurril, etwa das opulente „Beauty Set“ für die Frau oder der Videorekorder, in dessen Außenhülle zehn heutige DVD-Player Platz fänden. An der Wand hängt Reklame, die „Trockenrasierer für richtige Männer“ anpreist und den Käufern eines Tonbandgeräts „bis zu acht Stunden gute Laune am laufenden Band“ verspricht.
Dass die Ausstellung in Linn gelandet ist, hat Reichmann einem Zufall zu verdanken. Das Philips-Archiv in Hamburg hatte die Exponate nach Mülheim verliehen — auf dem Rückweg legen sie nun bis März einen Zwischenstopp in Krefeld ein. Das hält auch die Kosten im Rahmen.
Die ersten ehemaligen Philips-Mitarbeiter wurden bereits gestern im Museum gesichtet. Für sie dürfte die Ausstellung neben nostalgischen Gefühlen auch schmerzhafte Erinnerungen bereithalten: 1996 wurde das Philipswerk in Linn nach Jahren voller Hiobsbotschaften für immer geschlossen.