Premiere im TaZ: Judas stiehlt Jesus die Schau
Im Stadttheater bringt das Musical „Jesus Christ Superstar“ viel Bewegung auf die Bühne.
Krefeld. Die Kirchenbänke mögen immer leerer werden, doch die Leidensgeschichte Jesu Christi bleibt ein Renner. Das hat zuletzt Mel Gibson mit seinem Film "Die Passion Christi" bewiesen, und auch die Karriere Andrew Lloyd Webbers wäre anders verlaufen, hätte er nicht mit der Rock-Oper "Jesus Christ Superstar" 1971 seinen Durchbruch erlebt.
Reinhardt Friese hat das Musical fürs Stadttheater mit Verve inszeniert. Nach großem Erfolg in Mönchengladbach wurde jetzt auch die Krefelder Premiere umjubelt.
Da ist viel los auf der eher kleinen Bühne des Theaters auf Zeit an der St.Töniser Straße. Viele Rollen gibt es und viel Volk, neben dem Ensemble treten noch Chor, Extra- und Jugendchor auf, dazu Statisterie. Und die geschickt mit den Stilen von Rock bis Pop spielende Musik wird von den Niederrheinischen Sinfonikern und einem gut besetzten Rockquintett live intoniert (Leitung: Guiliano Betta).
Zur (fast) pausenlos dräuenden Musik sind die Bühnenabläufe sehr geschickt arrangiert. So wie die Songs unaufhörlich Sogwirkung entfalten, so bleibt auch das Geschehen stets in Bewegung, ohne dass die Akteure sich oder der Handlung im Weg stehen. Reibungslos auch der Wechsel zwischen Massen- und Kammerspielszenen.
Das Bühnenbild (Günter Hellweg) und die Kostüme (Annette Mahlendorf) verweigern in schlichtem Schwarz-Weiß jeglichen Glamour. Das ist gut so, denn die Handlung, die Webber und sein Librettist Tim Rice aus den verschiedenen Überlieferungen collagiert und sich für ihre Zwecke auch zurechtgebogen haben, droht ab und zu in die Pathosfalle zu tappen.
Die religiöse Komponente wird gläubigen Menschen zu klein ausfallen, auch wenn die bekannten Elemente der Geschichte von der Vertreibung der Wucherer aus dem Tempel über den Verrat des Judas bis hin zur Kreuzigung alle vorkommen.
Religiöse Eiferer gar mag stören, dass die Rolle des Judas als Verräter um die Dimension des enttäuschten Anhängers erweitert wurde und Maria Magdalena eine wohl auch erotische Beziehung zu Jesus pflegt. Für die Entwicklung der Handlung aber in der von den Autoren ja auch angestrebten Profanierung ist beides nötig.
Die gesanglichen Leistungen weisen Licht und Schatten auf, aber Gastakteur Ralf Meyring (Judas) entschädigt mit seiner Rockröhre für vieles. Dass er Christian Venzke (auch Gast) als Jesus damit ein wenig die Schau stiehlt - nicht so schlimm. Von den hier bekannten Sängern gefällt vor allem Kerstin Brix, die ihre Balladen so gefühlvoll darbietet, dass man darüber sogar die manchmal etwas hölzernen deutsche Texte überhört. Walter Planté überzeugt als schwül-erotischer Herodes.
Karten gibt es nur noch für die Vorstellungen am 14. November, 23. Dezember und 11. Januar unter Ruf 805125.