Puppentheater: Der Doktor im Erste-Hilfe-Kasten
Michel aus Lönneberga macht Unfug im Saal der Hülser Bergschänke.
Krefeld. Es ist doch klar, dass jeder im Saal in der Schänke auf dem Hülser Berg den Michel aus Lönneberga kennt. „Aus dem Buch!“ „Aus dem Film!“ tönt es mit hellen Stimmen aus den vorderen Sitzreihen. Für den Schauspieler Volker Schrills kommt diese Antwort nicht überraschend. Die Reaktionen bestätigen ihn aber auch darin, genauer auf das im Programm angegebene Mindestalter der Kinder zu achten. „Die Zusammensetzung der Zuschauer muss stimmen. Wir achten auf Qualität im eigenen Interesse und in dem der Zuschauer“, lautet die Philosophie des Theaters Blaues Haus.
Das Herumkrabbeln der Kleinsten, ihr Quengeln und Weinen sowie die fehlende Geduld für eine Aufführung haben Volker Schrills und Stella Jabben, beide selbst Eltern, dazu bewogen. Und so klappt die Vorstellung wunschgemäß für alle.
Die Kreativität und den feinen Witz, den die Aufführungen des Blauen Hauses auszeichnen, findet man gleich wieder im Bühnenbild, bevor es eigentlich losgeht. Ein altes Regal steht voller Requisiten und Miniatur-Kulissen, die schon vieles erahnen lassen; auf alle Fälle werden die Welt des Michels aus Lönneberga und der Kattulthof anschaulich.
Als Erzähler steigt Schrills ein und berichtet von blauen Heften, in die Michels Mutter alles geschrieben hat, was der Filius an Unfug angestellt hat „und den machte er jeden Tag, wenn er nicht Fieber hatte“. Das Drama um die fein geblümte Suppenschüssel nimmt seinen Lauf.
Michel hat seine eigene Methode, die Suppe bis auf den letzten Rest zu essen. Erst schlürft er lautstark, dann nimmt er die letzten Bröckchen der Rindfleischsuppe mit den Fingern und um den letzten Tropfen Brühe zu bekommen, steckt er den Kopf in die Schüssel — und bleibt darin stecken. Große Aufregung, gleichermaßen um Michel wie das Porzellan, legt die Familie vom Kattulthof an den Tag.
Herrlich, wie Schrills in seiner Ein-Mann-Schau die verschiedenen Charaktere erscheinen lässt. Die Handpuppen werden lebendig und authentisch, wie es sich Astrid Lindgren vorgestellt haben dürfte. In einem bezaubernden Minimalismus wird die Arztpraxis dargestellt, in der Michel von seiner unfreiwilligen Kopfbedeckung befreit werden soll. Der Herr Doktor praktiziert als Handpuppe in einem Erste-Hilfe-Kasten an der Wand.
Ein bisschen Alltagsgeschichte gibt es für die Kinder auch, indem sie ein Modell eines historischen Plumpsklos inklusive klein gerissener Zeitungsblätter erklärt bekommen. Darin schließt nämlich Michel an einem kalten Winterabend aus Versehen seinen Vater ein. Ein spannendes Ende der Geschichte mit Schneesturm und weiter weißer Winterlandschaft und gutem Ausgang beim Doktor im Erste-Hilfe-Kasten.