Konzert Regina Chernychko hetzt durch die Noten
Die Ukrainerin präsentierte sich beim Kawai-Konzert in der Musikschule nicht von ihrer besten Seite.
Krefeld. Schon in den ersten Takten des Largos wird die musikalische Handschrift von Regina Chernychko klar: Eleganz des ausgehenden 18. Jahrhunderts ist nicht ihre Sache, ihre Interpretation von Muzio Clementis Klaviersonate Nr. 2 in g-moll erscheint eher wie ein grob geschnitztes Werk.
In ihrer Interpretation des zweiten Satzes „Un poco adagio“ bekommt man fast den Eindruck, es sei verboten, legato zu spielen.
Außerdem hat man bis dahin auch schon längst das Gefühl, die junge Ukrainerin habe noch nicht bemerkt, dass sie nicht einen Saal mit 2000 Besuchern zu beschallen habe, sondern den Helmut-Mönkemeyer-Saal der Musikschule, in dem sich gut 100 Zuhörer eingefunden haben.
Der dritte Satz, ein „Finale Molto Allegro“, gibt ihr den Anlass noch etwas virtuoser zu spielen und noch ein „f“ in der Lautstärke draufzusatteln. Als zweites Stück hat sie eine Sonatine von Maurice Ravel ausgewählt. Das „Modéré“, das „Gemäßigte“ kann man ihrem Spiel kaum entnehmen. Auch hier hetzt sie durch die Noten, gibt der impressionistischen Musik selten Gelegenheit, als solche auch hörbar zu werden. Technik präsentiert sie, aber Interpretation und Seele bleiben weitgehend auf der Strecke.
Bei Rachmaninoffs Klaviersonate Nr. 2 in b-moll kann sie mit einem „Allegro agitato“ gleich wieder voll in die Tasten greifen und einen großen Saal wachrütteln. Im zweiten Satz „Non allegro“ fängt sie an, zu interpretieren und die Noten nicht nur als sportliche Herausforderung zu sehen. Doch die Hoffnung auf einfühlsameres Spiel ist schnell wieder zerstreut, denn bald bringt sie den Flügel wieder an seine Grenzen. Robert Schumanns Sinfonische Etüden op. 13 liefern auch nur fragmentarisch Beweise dafür, dass es sich um Musik der Romantik handelt.
Der Applaus für ihren Auftritt ist entschiedenen verhaltener, als man es von Kawai-Konzerten gewöhnt ist. Für eine Zugabe reicht es doch noch. Bei ihrer Interpretation einer Elegie von Rachmaninoff scheint durch, dass sie auch anders spielen könnte.