Schätze aus dem Museum: Die Welt, wie unsere Vorfahren sie kannten
Zum Bestand des Museums Burg Linn gehört ein Atlas aus dem 16. Jahrhundert.
Krefeld. Abenteurer und Entdecker haben ihre Zeitgenossen und Nachfahren schon immer fasziniert. Von den Erkenntnissen der Reisenden sollten auch Daheimgebliebene profitieren - zum Beispiel mit einer Sammlung von Landkarten und Beschreibungen.
Ein berühmtes Buch mit Landkarten gehört zu den Schätzen des Museums Burg Linn. Das "Theatrum Orbis Terrarum" wurde von Abraham Ortelius verfasst. Er lebte von 1527 bis 1598, sein "Theatrum" gilt als der erste Weltatlas in Buchform. Er erschien in sieben Sprachen und wurde 2007 nach einer Vorlage aus der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar nachgedruckt.
In dem Atlas versammelt Ortelius Landkarten und Beschreibungen der damals bekannten Welt: Die Entdeckungen des Kolumbus gehören schon dazu. "Unser Buch stammt entweder von 1569 oder 1572", sagt Museumschef Christoph Reichmann.
Fische und Seeungeheuer tummeln sich auf den Meeren dieser Kartensammlung, kleine Segelschiffe kämpfen sich durch die Wellen. Auch zu Lande sind typische Bauwerke zu sehen: Ortelius pflegte eine ausführliche Bildsprache. Die Karten sind übrigens nicht genordet: Man muss sich erstmal hineinsehen.
Auf einer der 53 Karten sind Uerdingen und Linn, Bockum, Cracau und Crefeld verzeichnet. Allerdings ist das nicht so genau zu erkennen. "Da hat leider einer dran rumgekratzt", sagt Reichmann. Das wertvolle Buch zeigt noch ganz andere Spuren der Benutzung. Denn seine Besitzer - die leider nicht alle bekannt sind - haben auf den leeren Seiten oder am Rand Kommentare und Ergänzungen hinzugefügt.
Der erste Besitzer kommentierte 1573 seinen Atlas. Auf Französisch schrieb er etwas über fünf Flüsse hinzu und auf Lateinisch über die Entdeckungen des 16. Jahrhunderts. Ein späterer Besitzer - eine andere Handschrift - machte vom Jahr 1623 an tagebuchartige Eintragungen. So steht zum Beispiel am 27. Januar 1638 geschrieben, dass der Rhein 23 Tage zugefroren war und dass der Verfasser der Zeilen trockenen Fußes nach Kaiserswerth gelangte, um mit dem Pfarrer einen Weinpunsch zu trinken.
Über ein Ereignis ganz anderer Tragweite geht es in einem weiteren Eintrag: Eine Schilderung der Schlacht an der Hückelsmay hat ein Besitzer hinzugefügt. In dieser Fehde des Siebenjährigen Krieges siegten im Juni 1758 die Truppen Prinz Ferdinands von Braunschweig über die Franzosen. "Dem Schreiber ist ein typischer Fehler unterlaufen", sagt Reichmann. "Er nahm die Jahreszahl vom Vorjahr, er hatte sich noch nicht an die neue Zahl gewöhnt."
Auf welchen Wegen dieser Atlas in den Bücherbestand des Museums kam, ist nur zu vermuten. Spätere Besitzer gehörten zur Familie Scheibler, haben ihren Namen hineingeschrieben. "Vermutlich hat die Familie Scheibler den Ortelius dem Museum geschenkt", glaubt Reichmann.