Schräge Klänge und das Leben eines Käfers
Gerd Rieger leitet am Samstag die improvisierte Oper, die von Franz Kafkas Werk „Die Verwandlung“ inspiriert ist.
Dießem/Lehmheide. Doch, es ist Musik, das, was das Publikum im Südbahnhof am Samstagabend, 28. Oktober, bei der Aufführung der ImprOper 2 „Horrortrip eines Ungeziefers“ von Anfang an zu hören bekommt. Auch wenn die Improvisationen zunächst ziemlich schräg klingen. Schließlich entspricht das genau der Seelenlage des Helden, der von Franz Kafkas „Verwandlung“ inspirierten Geschichte. So muss es sich anfühlen, wenn man morgens im Panzer eines Käfers aufwacht, noch dazu auf dem Rücken und sich folglich nicht mehr rühren kann.
Während man sich beim Lesen innerlich distanzieren kann, sind Besucher beim Hören der improvisierten Musik unmittelbar seelisch betroffen. Die Zuhörer fühlen, was die Hauptfigur Gregor fühlt, man fühlt, was seine Familie fühlt. Die Musik transportiert die Gefühle der Harmonie, als die Familie zunächst Gregors Pflege übernimmt. Darüber hinaus werden die Motive der Familie entlarvt, die ihn schließlich loswerden will.
Den visuellen Anteil der improvisierten Oper übernehmen Videoeinspielungen. Projiziert an einen Rundbogen im Südbahnhof sieht man, wie ein auf dem Rücken liegender Käfer verzweifelt versucht, wieder Fuß zu fassen, verfremdete Videosequenzen von Menschen, auf eine faltbare Wand geworfen, tragen weiter zu der bedrückenden Atmosphäre bei, ein Schauspieler sitzt unbeweglich wie ein Käfer auf den Stufen, in seinem Gesicht spiegeln sich die inneren Qualen Gregors.
Weil es keine Partitur und keine Regie gibt, bestand die Vorbereitung auf die Aufführung in mehreren Workshops. Darin haben die Musiker geübt, beim Spiel aufeinander einzugehen. „So entsteht dann doch Musik und kein Krach“, sagt Gerd Rieger, der musikalische Leiter des Projekts, augenzwinkernd. Der in Krefeld beheimatete Musiker und Musiktherapeut ist weit über die Grenzen seiner Heimatstadt hinaus bekannt als Theoretiker für freie Musik. Red