Serie: Eine Orgel mit Jahresringen
Das Instrument in der Herz-Jesu-Kirche ist in mehreren Etappen entstanden.
Krefeld. Stehen da eigentlich drei kleine Orgeln auf der großen Empore der Herz-Jesu-Kirche? Werden die irgendwann noch zu einem kompakten Ganzen zusammengerückt? Auffallend ist die strenge Symmetrie des Instruments, das merkwürdig auseinandergezogen erscheint.
Ganz so abwegig ist der Gedanke von den drei kleinen Orgeln gar nicht. „Jedes Werk ist eine Orgel für sich und besitzt ein Manual auf dem Spieltisch“, erklärt Heinz-Peter Kortmann, der Organist und Kantor der Großgemeinde St. Christophorus. Er schildert, wie nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg die „mittlere Orgel“ — korrekt: das Schwellwerk — als erste aufgestellt wurde. In den 1950er-Jahren folgten in weiteren Etappen die Werke rechts und links. Ein Orgelbau mit unübersehbaren Jahresringen.
Der Kreativität und dem Organisationstalent der Nachkriegsjahre ist es zu verdanken, dass man einen frei stehenden Spieltisch gebraucht von einer anderen Kirche kaufte. Davon profitiert der Organist, wenn er gleichzeitig auch Chorleiter ist: So kann er seine Sänger um sich scharen, die Orgel spielen und hat trotzdem alles im Blick und als Dirigent im Griff. „Ein Chor mit 100 Leuten passt hier prima hin, alle stehen um den Spieltisch herum und können mich sehen“, schwärmt Kortmann.
Vor dem Zweiten Weltkrieg besaß das 1930/31 als Stahlskelettbau errichtete Gotteshaus keine Orgel. Das Geld war dafür nicht vorhanden und so erhielt die Herz-Jesu-Kirche erst in den 50er-Jahren das heutige Instrument von der Orgelwerkstatt Klais. Es besitzt drei Manuale und 31 Register.
Während das Schwellwerk in der Mitte beim Spielen geöffnet und geschlossen werden kann und somit Wechsel in der Lautstärke erlaubt, besitzen die beiden äußeren Werke offene Gehäuse. „Das verändert die Tonansprache“, erklärt der Organist. „Der Ton ist direkter. Aber es gibt auch keinen Schutz für die Pfeifen, sie verstimmen leichter. Im Winter, in der ersten Messe um 8.30 Uhr, merkt man, dass das geschlossene Schwellwerk noch nicht die Stimmung und die Temperatur wie die offenen Gehäuse hat. Bei der 11.30-Uhr-Messe stimmt es dann.“
Für Kortmann ist diese Orgel „ein hübsches Kind ihrer Zeit“. Er spielt gerne auf ihr — schließlich hat er in den Kirchen in der Großgemeinde eine schöne Auswahl an Instrumenten. Mit dem romantisch angelegten Schwellwerk der Klais-Orgel lässt sich auch sinfonische Musik gut interpretieren — noch besser, seit die Orgel im vergangenen Winter gereinigt wurde. Seitdem erscheint auch das Holz heller.
Sollte sich, beispielsweise für eine Taufe, nur eine kleine Schar Gläubige versammeln, kommt nicht die Klais-Orgel zum Einsatz, sondern eine kleine Truhenorgel der Firma Klop aus dem Jahr 2003. Ein Manual und fünf Register reichen für diesen Zweck. Manchmal reizt es Kortmann, das handliche Instrument auch bei Konzerten einzusetzen, denn: „Diese Kirche eignet sich sehr gut für Kammermusik“.