TAM: Wenn John Cage sich in den Rock’n’Roll verirrt
Pit Therre präpariert sein Klavier mit Holz, Gummi, Filz, Metall und Plastik.
Krefeld. John Cage, Pionier der Neuen Musik, US-Amerikaner, geboren 1912, gestorben 1992. Sein bekanntestes Stück heißt „4:33“, vier Minuten, 33 Sekunden. Es ist nicht mehr als eine definierte Pause. Der Titel gibt die Länge an.
Pit Therre, Liebhaber von Experimenten in Musik und Theater, widmet dem Komponisten in seinem Theater am Marienplatz (TAM) in Fischeln eine ganze Spielzeit. Das passt: Cage und Therre, der eine vielleicht doch mehr als ein Lexikoneintrag, der andere auf jeden Fall ein Streiter wider das Ablegen der Moderne in den Archiven.
Cage komponierte etliche Stücke für präpariertes Klavier. Dafür ist er vielleicht doch mehr bekannt als für „4:33“. Mit „Bacchanale“ (1940) fing es an, es war das erste Werk, mit dem Cage dem Instrument wieder seinen eigentlichen Charakter zurückgab, den eines Perkussionsinstruments.
Man nehme Schrauben, Bolzen und Keile aus Metall, Gummi und Holz, Filzstreifen, Teile aus Plastik und Stoff und bringe sie an den Saiten eines Klaviers an. Die Töne werden gedämpft, der Klang verändert, die Obertonspektren. Zwei Flügel stehen auf der Bühne des TAM, beide sind vorpräpariert, später müssen sie um- oder entpräpariert werden.
Die „Bacchanale“ ist ein munteres Stückchen, teils sehr rhythmisch, der Klang erinnert an Gamelan-Musik, jene traditionellen Klänge aus Java und Bali.
Vier Stücke für präpariertes Klavier stehen vor der Pause auf dem Programm. Nach dem eher ruhigen „A Valentine out of Season“ wird es mit „Our Spring Will Come“ noch einmal lebendig. Therre hämmert Akkorde in die Tasten, als hätte Cage sich in den Rock’n’Roll verirrt.
Es folgt mit „The Unavailable Memory of“ wieder ein etwas ruhigeres Werk. „Dream“, ein Stück für unpräpariertes Klavier, lässt vor der Pause noch einmal aufhorchen. Die einfache Melodie folgt offenbar keiner üblichen Tonleiter, wahrscheinlich einem definierten Tonvorrat.
Nach der Pause sehnt man sich dann nach den Hölzchen, Gummi- und anderen Teilen zurück. In „Cheap Imitation“, ebenfalls für unpräpariertes Klavier geschrieben, verliert sich eine nicht enden wollende Melodie doch etwas sehr in der Beliebigkeit. Herzlicher Applaus dennoch für Pit Therre.
Stücke für präpariertes und nicht präpariertes Klavier von John Cage, am 12., 19. und 26. Oktober im TAM, jeweils um 22 Uhr.