Tanzfestival "Move!": Gedanken können tanzen
Ein verrückter Doppelabend in der Fabrik Heeder: Albernheiten rund um das Unikum Frank Zappa und mediale Endlosschleifen.
Krefeld. Und wenn wir ehrlich sind, dann stimmt es: Unser hässlichstes Körperteil ist nicht die Nase, es sind nicht die Füße und auch nicht die Ohren.
Unser hässlichster Körperteil sind unsere Gedanken, diese schmutzigen, ungezügelten Irrläufer zwischen Wahn und Wirklichkeit. Aber können Gedanken tanzen?
Ein verrückter Doppelabend beim hochkarätigen Tanzfestival "Move!" ging am Samstag dieser Frage nach und begann beim genialsten Gedankentänzer überhaupt: der einmalige Jazzrocker Frank Zappa in einer heiteren Hommage, getanzt vom Nachwuchstalent Lotte Rudhart.
Ein spleeniges, kurzweiliges, auch vor Albernheiten nicht zurückschreckendes Solo, das den Zappa-Satz über das hässlichste Körperteil sehr wörtlich nimmt: Mal als trauriger Muffin Man, mal als valentineskes Mangapüppchen - und mit vorgehaltenem Zappa-Bart auch als Meister selbst - stampft, stakst und steppt Rudhart in kunterbunter Kleidung über die Bühne.
Manchmal bewegt sie sich unentschieden zwischen Travestie, Parodie und Verbeugung. Doch dort, wo sie sich ganz den Verrücktheiten der Songs überlässt, zeigt sie Zappa-gleich, was Gedanken tanzen lässt: beißender Humor.
Der zweite Teil ist gar nicht komisch: Die sehr politische Compagnie Cocoon Dance tanzt den "Killer Loop" - aus der Überlegung heraus, dass Ereignisgier und Wiederholungszwang Modell heutiger Erfahrung sind.
In einer schrecklichen Murmeltier-Schleife sehen wir immer wieder dieselbe Geburtagsparty, mal als Slow-Mo, mal als Fast Forward, mal betrunken, mal bierernst, doch stets simultan auf Video gebrochen. Hier wie dort entstehen faszinierende, Erkenntnis erhellende Verzögerungen, Doppelungen.
Und zwischendrin gönnen sich Joris Escalé, Volkhard Guist, Martin Inthamoussú, Juray Korec und Erich Rudolf schlicht herzergreifende Pas de deuxs - doch als Ganzes bleibt Rafaële Giovanolas ambitionierte Choreografie ein wenig im Konzeptionellen stecken.
Zwei gänzliche verschiedene Gedankentänze - und doch ein Fazit: "Move!" macht aus der derzeit etwas kleinmütigen Kulturstadt Krefeld eine Hauptstadt des Tanzes. Wer hätte das gedacht?