Theater: Am Hof der hohlen Zeremonien
„Yvonne“ in Krefeld geht bis an die Grenzen des Erträglichen.
Krefeld. Liebe und Hass müssen Geschwister sein, unzertrennlich und voneinander besessen. Wie sonst könnte Prinz Philipp (Frederik Leberle) seine Verlobte so grausam misshandeln und demütigen?
Doch "Yvonne, die Burgunderprinzessin" im Stück von Witold Gombrowicz ist ja selber schuld: Was muss sie auch so anders sein, so hartnäckig schweigen, so traumverloren an Königs Hofe umherwandeln und die feine Gesellschaft durch bloße Anwesenheit in Rage versetzen?
Von Beginn an reißt Regisseurin Bernarda Horres dieser adligen Mischpoche am Theater Krefeld die Maske vom Gesicht. Da wird gegeifert gelästert und geprügelt, beleidigt, unsittlich berührt und beiläufig kopuliert: Die Gewalt der Worte setzt Horres in Ton und Tat um, sie zeigt ein krankes System, zusammengehalten durch hohle Zeremonien und gegenseitige Verachtung.
Mittendrin tänzelt Yvonne wie ein Kind durch die Welt, die aus neun Trampolinen besteht, von einem langen Laufsteg umschlossen (Bühnenbild: Anja Jungheinrich). Floriane Kleinpaß spielt die Rolle mädchenhaft naiv, ängstlich und scheu, aber auch mit urplötzlich aufblitzender Stärke.
In nur 33 Wörtern, allein mit Blicken und Körpersprache, gelingt ihr das irritierende Porträt einer Außenseiterin, die ihre Umgebung - bis in den Zuschauerraum hinein - zutiefst verunsichert.
Im Kabinett der Eitelkeiten ist sie der Zerrspiegel, in dem die Majestäten und Hofschranzen ihre hässliche Fratze erkennen: "Wir sind in sie hineingeraten. Nun müssen wir sehen, wie wir wieder aus ihr herausgeraten." Das Votum ist einhellig: Yvonne muss sterben.
Mit Mut und bisweilen schwer erträglicher Emotionalität erzählt Horres diese grässliche Geschichte - und lässt nur gelegentlich Ironie aufblitzen. Ketchup fließt als blutiges Omen, Fußbälle werden zu Folterinstrumenten, und der amourös verirrte Prinz muss sich fragen lassen, ob ihm beim Snowboarden vielleicht zu langweilig geworden ist.
Die Gratwanderung zwischen Theatralik und Lässigkeit gelingt Stefan Diekmann als König Ignaz mit Abstand am besten: Wie eine Mischung aus Herodes und Ekel Alfred bürstet er mit trocken einstreuter Alltagssprache den heiligen Ernst gegen den Strich. Das zeigt, was dieser Inszenierung, die sich manchmal sehr freudlos an der eigenen Bitterkeit weidet, gut getan hätte: mehr Sarkasmus.
6., 7., 16. Februar, 10., 20. März. Karten unter 0 21 51/805 125 oder im Internet (Link, siehe unten).