Theater hintenlinks: Reise in die Vergangenheit
Anuschka Gutowski lässt mit Liedern von Claire Waldoff das glanzvolle Berlin aufleben.
Krefeld. Sie war die Königin des Kabaretts im Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre und wurde für ihre frechen Songs geliebt.
Dass die legendäre Claire Waldoff mehr Stoff als nur für einen Theaterabend bietet, zeigt sich jetzt im Theater hintenlinks. Seit vergangenem Jahr läuft mit großem Erfolg Peter Gutowskis Stück „Kopf mit flammendrotem Haar“. Darin geht es neben den Liedern vor allem um das abwechslungsreiche Leben der in Gelsenkirchen geborenen Sängerin in politisch schwierigen Zeiten.
Jetzt gibt es vom Theaterchef einen neuen Abend, der ganz den köstlichen Liedern der Diva gewidmet ist. Schauplatz ist ein alter Dachboden, auf dem sich an einem Silvesterabend eine junge Frau (Anuschka Gutowski) vom Partytrubel zurückzieht. Sie ist Claires Enkelin und beginnt, zwischen den alten Sachen ihrer Großmutter zu stöbern.
Zwischen alten Koffern und Büchern findet sie eine rothaarige Perücke und eine Pelzstola — Spuren eines einst glamourösen Künstlerlebens.
Diese Requisiten geben Anstoß für die Lieder, die die alten Zeiten im einst glanzvollen „Spree-Athen“ Berlin aufleben lassen. Nostalgie beschwören Lieder wie „Lieber Leierkastenmann“ herauf oder die „Hannelore vom Hall’schen Tore“.
Eingängige Melodien und scharfzüngige Texte sind das gelungene Rezept dieser Songs, die sich dabei auch als überraschend zeitlos erweisen.
So behandelt „Wegen Emil seine unanständ’ge Lust“ pointiert das Thema Schönheitsoperationen und der Dünkel einer „Familie Gänseklein“ wird auch heute noch zu finden sein. Trotz einer Erkältung, die ihre stimmlichen Möglichkeiten an diesem Abend etwas einschränkt, gelingt es Anuschka Gutowski wunderbar, diese alten Lieder neu und frisch zu interpretieren.
In einen Frack gekleidet schlüpft sie mit viel Witz und Charme in die unterschiedlichen Geschichten, die erzählt werden. Mal ist sie sentimentales Mädchen, dann wieder herrlich zickige Diva und macht den Abend mit ihrer Spielweise zu einer kurzweiligen Revue von Musiknummern.
Großartige Unterstützung bekommt sie dabei am Akkordeon von Ruslan Maximovski. Am Schluss schlägt es Mitternacht, die Reise in die Vergangenheit ist zu Ende und damit auch ein schwungvoller Abend, der wirklich einen passenden Titel hat: Da wackelt die Wand!