Kultur Theater Krefeld inszeniert Skandalbuch
Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ feiert am Samstag Premiere. Sein Werk zeigt das Bild einer Gesellschaft, die sich unter einer muslimischen Regierung verändert.
Krefeld. Frustriert, genervt und unzufrieden. Der Mittvierziger François steckt in einer Lebenskrise. Nachdem seine Geliebte Myriam ihn dann auch noch verlässt, ist er offen für die neuen politischen Verhältnisse, die sich in Frankreich des Jahres 2022 entwickeln: Der Vorsitzende der „Brüderschaft der Muslime“ — Mohammed Ben Abbes — kandidiert für das Amt des französischen Staatspräsidenten. Er tritt gegen Marine Le Pen an und wird zu einem Symbol gegen Rechtsradikalismus. Als Abbes die Wahl gewinnt, ändert er die Verfassung Frankreichs, die von nun an auf muslimischen Idealen basiert.
„Unterwerfung“ heißt das Theaterstück, das am Samstag, 11. Juni, Premiere am Theater Krefeld feiert. Es stammt von dem Michel Houellebecq und wurde seit seiner Erscheinung als islamfeindlich angesehen, erklärt Matthias Gehrt. „Dabei handelt es sich hierbei nicht um eine reale Fiktion, sondern vielmehr um eine phrasenhafte Zuspitzung, eine Dystopie.“ Es gehe um die Unterwerfung eines Systems: „Houellebecq hat nur den Islam gewählt, weil er gerne provoziert“, ist sich der Regisseur sicher. Letzten Endes gehe es aber darum, wie die Mitte der Gesellschaft sich verhalte, wenn es zu solch politischen Umwälzungen komme.
Mit dem brisanten Stück wollen Gehrt und Dramaturg Thomas Blockhaus, eine Diskussion anstoßen: „Die Leute sollen sich darüber Gedanken machen. Darum gibt es auch nach jeder Vorstellung Publikumsgespräche“, so Gehrt, wobei der Regisseur noch mal ganz deutlich sagt: „Es geht nicht um Islam-Bashing!“ Diesen Ruf hatte der Roman nicht zuletzt deshalb bekommen, weil am Erscheinungstag des Romans der Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo verübt wurde, auf dessen Titelbild eine Karikatur des Autors war. Eine Fortsetzung des Stückes „Kein schöner Land“ erwarte die Besucher nicht nur auf inhaltlicher Ebene: „Es wird in diesem Stück, wie in ,Kein schöner Land’, gesungen, allerdings noch wesentlich mehr“, verrät Gehrt.
Insbesondere die Musik würde dazu genutzt, so der Regisseur, „um die Atmosphäre des Frankreichs heraufzubeschwören, in dem noch alles gut war“. Das Ziel sei es daher, den Zuschauer dahin zu locken, „dass er die Unterwerfung emotional gesehen einen Schritt mitgeht und sich nach dem Stück vielleicht dabei ertappt zu denken: ‚So schlimm ist das ja gar nicht’“. Genau das sei auch die Intention des Autors, wie Blockhaus anfügt: „Houellebecq ist ein Kind der Aufklärung. Er haut kräftig auf den Tisch.“ Den Wechsel des politischen Systems, der sich innerhalb des Romans abspielt, hat Gabriele Trinczek, zuständig für die Kulisse, zum Anlass genommen, das auch innerhalb der Bühne zu verdeutlichen: „Am Anfang steht ein sechs Meter großer Tannenbaum auf der Bühne — das Zeichen für das größte christliche Fest. Im Laufe des Stückes wird dieser entfernt und durch einen muslimisch angedeuteten Gebetsraum ersetzt.“