Von der Session zur gemeinsamen Band
Axel Fischbacher und Heinrich von Kalnein legen die erste CD ihres Quartetts vor.
Krefeld. Mit dem wollte er mal spielen, hatte Gitarrist Axel Fischbacher beschlossen — wie gut, dass er ihm auch eine Spielwiese bieten konnte. So lud er den in Graz lebenden Saxophonisten Heinrich von Kalnein zu einer Jazzattack-Session in den Jazzkeller ein.
Im Februar 2016 trafen sich die Musiker auf der kleinen Bühne unter der Lohstraße, und offenbar war nicht nur Fischbacher auf einen Wunschpartner getroffen. Man fand sich jenseits von Sessions in der Kalnein & Fischbacher Group zusammen, die erste CD der Band ist in diesem Jahr erschienen.
„One Man Disco“ heißt das Werk, Disco-Sound muss man hier aber nicht erwarten. Als Verweis auf die Fusion-Zeit der 1970er und 1980er Jahre kann man den Titel aber ernstnehmen, die Musik greift diese Tradition auf.
Das Quartett der Aufnahme ist genau das, das auch live bei der Jazzattack zu hören war. Von Kalnein am Tenorsaxophon und Fischbacher an der E-Gitarre werden begleitet von Charles Sammons am Kontrabass und Ralf Gessler am Schlagzeug.
Binäre Metren, also solche mit geraden Achteln, dominieren auf der CD, nur das letzte von acht Stücken ist per Shuffle-Groove ternär, also triolisch angelegt. Ansonsten findet man verschiedene Latin- und an Rock und Funk angelehnte Grooves, wie bei Fusion-Musik zu erwarten.
Fünf Stücke stammen von von Kalnein, drei Stücke hat Fischbacher beigesteuert, unter anderem das CD-Titelstück. Los aber geht es mit einem Latin-Riff, von von Kalnein, das sich mit einem 13/8-Takt interessant macht. „Think About it“ heißt der Titel, aber nachdenken muss man dann kaum, denn Drummer Ralf Gessler hält das schräge Metrum angenehm federnd in Fluss.
Gesslers Spiel ist wie immer angenehm vielfarbig, leichtfüßig, behände, insgesamt auch bei binärer Rhythmik sehr jazzig orientiert. Das ist ansonsten ein Vorzug, aber bei dieser Fusionplatte ein kleiner Nachteil.
Bei manchen Themen hätte man sich einfach einen kräftigeren Zugriff gewünscht, aber zu diesem Manko trägt auch Bassist Sammons bei. Der Amerikaner spielt oftmals einfach zu solide, um nicht zu sagen unauffällig. Ein E-Bassist hätte sich vielleicht mehr Präsenz verschaffen können.
Von Kalneins Tenorsaxophonspiel ist überzeugender als seine Kompositionen. Seine Themen wissen zu gefallen, aber auch ihnen fehlt oft das packende Moment, das vielleicht durch komplexere Arrangements hätte hinzugefügt werden können.
Bei seinen Improvisationen überzeugt der deutsche Wahl-Österreicher mit seinem abwechslungsreichen Ton und virtuoser Geläufigkeit, unter der die Melodiösität seines Spiels nicht leidet. Fischbacher hat man vor allem live in der letzten Zeit schon stringenter improvisieren gehört. Auf der CD verfremdet er seinen Gitarrensound mehrfach elektronisch.
Das passt zwar zum Fusion-Stil, wirkt aber dann doch zu rückwärtsgewandt. Fischbacher bleibt ein wenig unter seinen allerdings sehr reichhaltigen Möglichkeiten. Als schönste Themen-Melodie der Platte bleibt Fischbachers Ballade „Il Cuore Del Merlo“ haften, zu der es dann aber nur kurze und kaum nachwirkende Improvisationen gibt. Die Gruppe agiert zusammen am druckvollsten bei von Kalneins Schlussstück „52nd Street“.
Der lebendige Geist, den die Besetzung bei ihrem Auftritt im Jazzkeller erfolgreich vermittelte, ist dem Quartett in zwei Tagen Studioarbeit offenbar ein wenig abhandengekommen. Natürlich agieren auch Vollprofis etwas gebremster, wenn aufgenommen wird. Man hätte sich also mehr Zeit gönnen sollen? Alternativ wäre vielleicht ein Konzertmitschnitt geeigneter gewesen, die Qualität zu vermitteln, zu der die Band in der Lage ist.