Wagner-Premiere: 70 Stimmen, die für 100 singen

Rienzi ist auch für den Chor eine Herausforderung.

Krefeld. Den Orchestergraben überspannt ein feinmaschiges Netz, das nur für den Dirigenten eine Lücke lässt. Auf der Bühne stehen auf einer schrägen Ebene links und rechts je ein paar Reihen Stühle. Darauf haben die Chorsänger in lässiger Alltagskleidung Platz genommen — nur nicht die Soprane. Die Damen kommen von rechts auf die Bühne: „Jauchzet, Ihr Heere!“, klingt es bei der Probe zu „Rienzi“ hell in den Raum.

Diesen Chor hat Richard Wagner ohne Orchesterbegleitung geschrieben. Die Rheintöchter sind darin schon zu ahnen. Maria Benyumova, Chordirektorin des Theaters, gibt den Einsatz.

An diesem Vormittag sind die Sänger des Hauschores erschienen, zur abendlichen Probe wird noch der Zusatzchor erwartet — insgesamt mehr als 70 Stimmen. „Das ist eine große organisatorische Herausforderung“, sagt Ben-yumova. Schon im Oktober haben die Sänger ihre Noten erhalten, in den vergangenen Wochen haben sie die Oper Stück für Stück erarbeitet.

Seit Jahresbeginn sind die szenischen Proben dazugekommen. „Die Abläufe und die Wege, die die Sänger gehen müssen, nehmen einen großen Teil der Aufmerksamkeit in Anspruch“, sagt Benyumova. „Idealerweise sollte man mit auswendig studierten Partien auf die Bühne gehen.“ Aber für manche mache die Verbindung von Bewegung und Musik das Lernen leichter.

Der Protagonist der Oper, der Staatsmann Cola Rienzi, ist in einem riesigen, flammend roten Schriftzug quer über die Dekoration immer gegenwärtig. Und auch das Wort Propaganda sticht aus einem dort abgedruckten politischen Text über die Ukraine bis in die letzte Reihe hervor.

Die Soprane stehen davor, halten ihre Noten in der Hand, und ab und an klatschen die anderen Sänger gekünstelt in die Szene. Das erinnert an Fernsehserien mit eingespieltem Applaus. Auch andere moderne Medien werden eingesetzt: Projektionen auf Vorhänge hat der Regisseur vorgesehen. Die bringen ein Problem mit sich, denn die Chorsänger können den Dirigenten nicht immer sehen. „Dann gebe ich den Einsatz“, sagt Benyumova, die dafür in der Seitengasse stehen wird.

Das Wichtigste sei die Ausgewogenheit der Stimmen und der Musik. Denn eigentlich müssen die 70 Stimmen für 100 singen. Und so muss immer darauf geachtet werden, dass das Orchester den Chor nicht übertönt.

Benyumova, in ihrer dritten Spielzeit am Hause, hat sich natürlich schon mit Wagner beschäftigt, doch „Rienzi“ ist ihre erste Einstudierung eines Wagner-Chors. „Ich schätze die Oper sehr“, sagt sie. „Und ich kann mir keinen besseren Weg vorstellen, sie zu inszenieren.“

Premiere Samstag um 20 Uhr. Wenige Restkarten an der Abendkasse.