Walter Urbach: „Mir geht es wie Monet mit seinen Seerosen“

Walter Urbach hat den Mohn für seine Werke entdeckt

Foto: Archiv

Krefeld. Angefangen hat alles mit einem Mohnblatt. Seit über 40 Jahren ist Walter Urbach von der Pflanze mit dem schönen lateinischen Namen Papaver fasziniert. Unzählige Bilder sind seitdem entstanden, die mit einer botanischen Abbildung nicht viel zu tun haben. „Mir geht es wie Monet mit seinen Seerosen“, sagt der Künstler mit einem Augenzwinkern.

Dass er genau wie sein berühmter Kollege das Thema immer weiter zu einem eigenen Farben-und Formenkanon abstrahiert hat, zeigen die Bilder im Wohnzimmer seines Hauses in Kaarst. Hier lebt Urbach mit seiner Frau Ursula seit 1964, und hier arbeitet der 89-Jährige immer noch täglich.

Aktuell entsteht ein Zyklus über Franz von Assisi. Auf dem Tisch breitet er die kleinen, als Vorstudien gedachten Blätter aus, die später als Aquarelle im Format 80 mal 100 Zentimeter ausgeführt werden sollen. Die Figur des Heiligen, der sein Leben radikal geändert hat, fasziniert Urbach seit langem.

Extreme formale Reduktion zugunsten der Farbe kennzeichnet auch hier Urbachs Stil. Ein dunkler Fleck zwischen Rottönen zeigt Franziskus im Mohngarten, ein Tupfer Gold genügt, um den Heiligenschein anzudeuten. Bewusst bleibt vieles offen, was die Fantasie des Betrachters umso mehr anregt.

Auch bei den kleinformatigen Landschaftsstudien, die auf zahlreichen Reisen in meist südliche Regionen entstanden sind, ist diese Reduktion zu sehen. Dabei gelingt es dem Künstler eindrucksvoll, die Atmosphäre einer Landschaft, ihr Licht und ihre Strukturen in diesen Farbfeldern spürbar zu machen.

Das Künstlerische liegt in der Familie. Urbachs Onkel war Maler und lehrte in den 1920er Jahren an der Folkwangschule. Als streng katholisch und zugleich offen beschreibt Urbach sein Elternhaus in Neuss, mütterlicherseits hat er Wurzeln in Krefeld.

Als Jugendlicher beginnt er eine Lithografenlehre, der Krieg kommt dazwischen. 1945 nimmt er an der Düsseldorfer Kunstakademie sein Studium auf. „Wir sollten noch den Schutt vom Dach schippen, haben aber lieber in der Sonne gesessen“, erinnert er sich schmunzelnd.

Ein „fantastischer Lehrer“ sei für ihn Ewald Mataré gewesen, bei ihm habe er die Disziplin im Zeichnen gelernt. In Köln vollendet Urbach seine Ausbildung mit der Meisterprüfung zum Lithografen und macht sich als Werbegrafiker selbständig. Er arbeitet viel und erfolgreich.

Ende der 60er-Jahre wendet er sich der freien Malerei zu. Die ersten Mohnbilder entstehen. Das Aquarell wird zu seiner Lieblingsdisziplin. „Die Dinge, die beim Aquarellmalen passieren, passieren beim Arbeiten“, sagt er. Wenn etwas daneben geht, stört es ihn nicht: „Ich schmeiße auch viel weg.“

Für die bis zu drei Meter langen Formate verwandelt der Künstler regelmäßig seinen Garten in ein Freiluftatelier. Einen so entstandenen Zyklus hat Urbach im vergangenen Oktober in einer Frankfurter Kirche präsentiert. Die Form des Rollbildes, aber auch kalligraphische Elemente sind auf sein Interesse an fernöstlicher Kunst zurückzuführen. Ein an einem Stock befestigter Riesenpinsel dient ihm als Arbeitsgerät. „Da muss ich mich weniger bücken“, bemerkt er trocken.

Dass das Alter diesen agilen, im Gespräch sehr quirlig wirkenden Mann irgendwann ausbremsen könnte, ist schwer vorstellbar. Wenn er ausnahmsweise nicht gerade mit einer neuen Lithographie oder seinem Franziskus-Zyklus beschäftigt ist, spielt er gerne mit seiner sechsjährigen Enkelin. Insgesamt sechs Enkelkinder von zwei Töchtern und einem Sohn gehören zur Urbachschen Großfamilie und beleben regelmäßig das Haus.

Mit seiner Frau bereist der Künstler immer noch gerne den Süden. Im Herbst steht eine griechische Insel auf dem Programm. Dass im Gepäck auch Stifte und Papier dabei sein werden, ist stark zu vermuten. „Der Pinsel bleibt nicht trocken“, lautet sein knapper und eindeutiger Kommentar dazu.