Comedy im Köpa Wandelbar, verrückt und gerne Anti-Frau
Carolin Kebekus unterhielt den ausverkauften König-Palast aufs Beste und streifte dabei immer wieder ernste Themen.
Krefeld. Diese Frau ist mehr Weib als Püppchen: Carolin Kebekus, selbsternannte „Alphapussy“, präsentierte ihr gleichnamiges Comedyprogramm am Freitag vor 6500 Zuschauern im ausverkauften König-Palast. Das Publikum erlebte die brutal-lustige Performance einer Rheinländerin mit Schnodderschnauze. Zweieinhalb Stunden lief die zierliche Brünette verbal Amok. Hämmernde Beats und Sprechgesang eröffnen die „Pussyzeit“ perfekt prollig, was Kebekus’ Look abrundete: schwarzer Lederrock, schwarzes Guns-N´-Roses-T-Shirt mit Glitzer.
Requisiten braucht sie keine. Denn diese Frau steht ihren Mann. „Krefeld ist ja mein Heimateinzugsgebiet“, freut sich die Kölnerin über ihre fachwissende Gästeschar, die — im Gegensatz zu Bayern — den Begriff des Wegbiers kennt und genießt. „Ich bin sehr gut am Glas“, gibt Kebekus keck an.
Rheinländer unter sich, die Zweite: Beim Thema Karnevalsschlachtrufe trennt sich das Publikum (Helau) von der „Alaaf-Bitch“. Die sinniert Kölsch-logisch über Absagegründe von Rosenmontagszügen: „Der Sturm war schlimmer als Terrorgefahr. Also, liebe Terroristen, besorgt euch Windmaschinen statt Bomben.“ Von Feier zu Feier, von Karneval zum Jahreswechsel: „Triebtäter in Teilzeit“ nennt Kebekus den Sexmob der Kölner Silvesternacht, stellt fest: „So. Das Niveau des Abends ist klar.“ Aber weit gefehlt: Die Komikerin stapelt tief, streift immer wieder ernste Themen wie Sexualstrafrecht, AfD oder Frauen und Karriere — wohl aber mit dem für sie typischen ironischen Augenaufschlag.
Diese Wandelbarkeit zeichnet Carolin Kebekus aus. Sie ist die Grande Dame der Rollenmuster. Das zeichnet sich auch bei ihrer Stimme ab: mal Girlie-Sprech, dann wieder Kölsche Tön. Erst fest, da ernst, später eher quietschig-schrill. Auch thematisch ist die Plauder-Palette reich gefüllt — von A wie Ableben („Die sollen mich aufbahren und die Zunge an die Stirn tackern“) bis Z wie Zerstörung („So ‘ne Abrissfete ist schon geil“).
Apropos: „Warum hören junge Leute eigentlich nur noch Schlager?“, geht sie auf Konfrontationskurs mit ihrer erklärten Lieblingsfeindin Helene Fischer, die sie genüsslich zerpflückt. „Wenn Eltern Hipster sind und alles Angesagte mitmachen, heißt Rebellion eben Biedermeier.“
Oh, wie schön ist’s Internet: „Mein Datenvolumen ist aufgebraucht. Was ist das denn für ‘ne Flatrate?“, schimpft die Ulknudel über ihre langweilige Backstage-Pause. „Dank Youtube beträgt meine Konzentrationsspanne eine Minute 30. Ich raste schon wegen fünf Sekunden Werbung aus. Das ist doch nicht normal!“ Denkpause. „Was macht ihr eigentlich zwei Stunden hier?“, fragt sie’s Publikum — und das johlt.
In Zeiten von Shitstorms, Veganern, Diäten und Tinder muss der Mensch lachen. Kebekus’ solides Hausrezept dafür besteht aus Sarkasmus, Realitätssinn und einer Prise Verrücktheit. Sich selbst verkauft die Künstlerin als Anti-Frau mit Sexappeal: bieraffin, pupsend, „lieber zwangsverheiratet als bei Tinder“. Damit öffnet sie einer ganzen Generation, den Millennials, die Augen. Schöne Botschaften sind das, die sich hinter hübschen Geschichten einer widersprüchlichen, ungerechten Jetztzeit forsch verstecken. Wenn Kebekus eines kann, dann klare Ansagen. Dazu passt die Anekdote, wonach sie ihr erstes Mal zu Musik von „Bravo Hits 7“ hatte. Uff. Den verdienten Applaus quittiert Kebekus mit höflichem Knicks.