Kultur Wie ein Mao-Anzug die Vorfreude auf Drachen steigert
Krefeld · Im Oktober startet die Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ im Deutschen Textilmuseum. Nun gab es einen besonderen Vorgeschmack.
Bald ist es so weit, und im Deutschen Textilmuseum werden alle Zeichen auf Fernost, genauer gesagt auf China stehen. Der vor kreativer Energie strotzende Kurator und Künstler Walter Bruno Brix hat sich der chinesischen Textilien aus der großen Sammlung des Museums angenommen und wird eine – so verspricht man – sehr imposante Auswahl im Rahmen der Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ zeigen.
Die Ausstellung wird ab Oktober im Museum gezeigt
Die Vorfreude auf die am 11. Oktober öffnende Schau ist auch deshalb so groß, weil sich im Bestand des Museums wirklich herausragende Exemplare chinesischer Textilien finden lassen, etwa Gewänder, die Bezüge zur kaiserlichen Familie erkennen lassen. Was diese Kleidungsstücke eint, ist übrigens eben jener goldene Drache, der in so unterschiedlichen und doch gleichen Formen auftaucht und mit vielen Bedeutungsschichten aufgeladen ist.
Aber darüber wird noch viel zu erzählen sein, und das Museum verspricht, auch durchaus noch vor der Eröffnung so manchen kleinen Einblick zu gewähren. Dann etwa werden wir erfahren, was es mit dem Mondhasen auf sich hat oder wieso es Gewänder für Götterstatuen gab und wie jene ausgesehen haben. Und man wird gewiss auch erfahren, dass die chinesische Vorstellung von Drachen eine ganz andere ist und war als unsere europäisch geprägte, wie Brix in sehr unterhaltsamen Worten berichten kann.
Aber Museumsdirektorin Annette Schieck und Brix persönlich haben diesmal etwas anderes zu präsentieren gehabt, als Drachengewänder. Die Schau im DTM rundet nämlich ein kleiner Abstecher in die nahe Vergangenheit, vielleicht sogar Gegenwart, ab. Denn neben den historischen Gewändern und Stoffen zeigt das Museum auch einen „ganz normalen“ – wie Brix explizit betont – Mao-Anzug. Indes, erklärt der Fachmann, heißen diese Anzüge eigentlich anders. „Zhongshan-Anzug“ ist der tatsächlich korrektere Begriff, benannt nach dem ersten Staatspräsidenten Chinas (Sun Yat-sen). Jener lebte lange in Japan und ließ sich von dortigen, wiederum nach europäischen Vorbildern gestalteten Kleidungsstücken inspirieren. Schlussendlich ist der Mao-Anzug also eigentlich ein europäischer Import – denn es war im späten 19. Jahrhundert in Japan chic, sich an Europa zu orientieren. So fanden hiesige Uniformen, die sich vielleicht sogar noch als Spuren im Mao-Anzug ablesen lassen, ihren Weg nach Osten. Natürlich ist das ein bisschen vereinfacht dargestellt; das Themenfeld ist komplexer.
Schlussendlich war für Brix eine Herzensangelegenheit, einen originalen Anzug dieser Art mit ausstellen zu dürfen. Neue Anzüge dieser Form bekommt man wie Sand am Meer. Soll es etwas Antiquarisches sein, vielleicht sogar aus einer bestimmten Zeit, wird es indes komplizierter. Doch Brix, ein gut vernetzter Asien-Kenner, hatte seine Freunde vor Ort, die er um Hilfe bitten konnte. Jene sollen übrigens ganz überrascht gewesen sein, dass er etwas „altes“ und obendrein ganz „ordinäres“ wolle. Immerhin wurden diese Anzüge, mal freiwillig, auch mal unfreiwillig, bis heute zu besonderen Festen oder Anlässen, von der breiten Masse der Bevölkerung getragen. Als Einheits-Outfit in einer gleichgeschalteten Welt.
Die Beschaffung des Anzugs kostete lediglich 50 Euro
Stolz konnten aber nun Schieck und Brix ein Exemplar präsentieren, das nun zum Bestand des DTMs gehört. Über etwas verschlungene Wege erreichte dieser Anzug Krefeld. Über eine Versteigerung, wahrscheinlich online vergleichbar mit Ebay, erwarb die Freundin von Brix den Anzug günstig in China. Der „übliche Anzug“ stammt aus den 50er bis 70ern, ist blau, also die gängige zivile Variante. Inklusive Transport und allem drum und dran 50 Euro habe das Beschaffen gekostet. Kaum zu glauben. Doch ob ein Gegenstand ausstellungswürdig ist, entscheidet sich nicht am Preis. Viel mehr macht der Kontext auch viel aus und der idelle Wert, der für uns hier in einer Krefelder Ausstellung ein gänzlich anderer sein mag.
Diese besondere Ausstellung im Textilmuseum, gefördert durch die Sparkassenstiftung im Rahmen des Projektes „Ans Licht“, wird durch einen von Brix verfassten Katalog begleitet und ergänzt