Kultur in Krefeld-Uerdingen Zehn Jahre Kampf um die Uerdinger Bücherei
Krefeld-Uerdingen · Zwischen Montagslesungen, Protest und dem positiven Blick nach vorne. Der Arbeitskreis „Erhalt Bücherei Uerdingen“ feiert Geburtstag.
Man kann sie fast gar nicht alle im Blick haben, die Daten, die sich rund um die Bücherei Uerdingen ranken. Immerhin war es auch eine lange Odyssee mit tatkräftigem Widerstand gegen die Schließung, die zu der inzwischen schon 387. Montagslesung geführt hat. Aber diese Zahl ist es nicht, die wir gerne zum Anlass nehmen, auf die Arbeit des Arbeitskreises „Erhalt Bücherei Uerdingen“ nochmal etwas ausführlicher zu blicken. Immerhin sind die Montagslesungen ein Begriff. Der Anlass ist das Jubiläum der Arbeitskreisgründung, das bei der Montagslesung am 23. November begangen wird. Zehn Jahre gibt es den Protest gegen das Bücherei-Sterben.
2010 gab es erste Pläne, die Bücherei zu schließen
Wie kam es dazu, dass sich seinerzeit sieben Frauen (Sabine Alofs, Lydia Domhoff, Julia Trapp, Susanne Tyll und andere) und drei Männer (Achim Gehring, Bernhard Hennen, Norbert Sinofzik) Ende 2010 zusammentaten? Die genaue Chronologie, die tüchtig zusammengetragen auf der Webseite des Arbeitskreises nachlesbar ist, können wir hier im einzelnen nicht wiedergeben; aber kurz gefasst passierte folgendes:
2010 gab es erste Pläne, die Bücherei in Uerdingen (Marktplatz 5) zu schließen. Es formte sich sogleich Protest, zunächst initiiert von Susanne Tyll und Norbert Sinofzik. Tausende Unterschriften werden gesammelt und schließlich zieht am 19. November 2010 eine Demonstration durch die Uerdinger Innenstadt. Im Anschluss daran ist die Geburtsstunde des Arbeitskreises. Zunächst scheint die Bücherei gerettet; eine Weiterfinanzierung wird 2011 vom Rat der Stadt beschlossen, doch alsbald kommt die Schließung wieder auf die Agenda. 2013 zeichnet sich eine Entwicklung ab, flankiert von regem Diskurs in Politik und Gesellschaft, die schließlich am 7. Mai 2013 in einem Ratsbeschluss kulminiert. Die Bücherei Uerdingen wird geschlossen, die Schließung wird unverzüglich umgesetzt. In der Zwischenzeit organisierten die Macher vielfältige Aktionen. Innerhalb von 10 Tagen 2100 Unterschriften oder 1250 Postkarten an den damaligen Oberbürgermeister.
Schließlich am 23. Mai 2013 ist der letzte Öffnungstag. Die erste Montagslesung datiert auf den 27. Mai 2013. Erster Vorleser ist Schriftsteller und Arbeitskreismitstreiter Bernhard Hennen, der sich schon zu Beginn der Aktivitäten engagiert hatte. Die Ära der Montagslesungen beginnt. Hinter den schon traditionellen halbstündigen Montagslesungen von 18.30 Uhr bis 19 Uhr steckt sehr viel Herzblut der Macher. Und es gibt eine große Kontinuität; immerhin gab es jeden Montag, so erklären die Macher, bis auf eine Corona-bedingte Unterbrechung, eine Montagslesung.
Und wer hat nicht schon mal dort gelesen; es sind so viele aus allen Ecken, allen Sphären. Und so bunt und vielfältig ist auch die Auswahl an Büchern, aus denen schon gelesen wurde. Ziel der Lesungen ist, sich nach wie vor für die Eröffnung eines Quartierszentrums/Bürgerhauses mit städtischer Medienausleihe einzusetzen. Jede Lesung beginnt mit dem gemeinsamen Singen einer Strophe des Liedes „Die Gedanken sind frei“ und endet mit drei umgedichteten Strophen auf die Uerdinger Bücherei. Üblicherweise mit 15 bis 70 Teilnehmern, wegen Corona ist die Zahl auf 20 Personen beschränkt, mit Abstand.
Bei der kommenden Montagslesung gibt es zum Jubiläum eine besondere Ausgabe. Denn Mitglieder des Arbeitskreises, der sich als parteipolitisch neutral betrachtet, werden an diesem Abend Texte über „Lesen“ und „Bibliotheken“ vortragen. Eine sehr charmante Idee.
Aber ist die Arbeit des Arbeitskreises bald obsolet? Immerhin sollen bald die architektonisch herrlichen Herberzhäuser, die saniert werden, wieder Heimat für eine Bibliothek werden. Als Teil eines Quartierszentrums mit Lesecafé – ein offenes Bürgerhaus. Seit einiger Zeit gibt es schon eine „improvisierte“ Ausleihstelle der Mediothek gegenüber dem Quartiersbüro Uerdingen als Zwischenlösung. „15 Stunden pro Woche betreut eine Mitarbeiterin des Stadtarchivs den Ausleihbetrieb, der auf Vertrauensbasis organisiert wird“, heißt es auf der Webseite der Stadt. Auf der Webseite der Mediothek sucht man indes einen Hinweis vergebens. Sollte es irgendwann wieder eine „richtige“ Bücherei geben, wünschen sich die Macher, dass es ein Regal geben werde, wo alle Bücher aus denen bei Montagslesungen vorgelesen wurde, ihren Platz finden werden. So bunt. Die Geschichte geht weiter.