Ringerin Aline Rotter-Focken betreibt Olympia-Vorbereitung mit Hindernissen
Ringerin Aline Rotter-Focken vom KSV Germania kann derzeit nicht in Turnhallen trainieren und auf die Matte.
Für die Ringerin Aline Rotter-Focken war der Ausflug ins Trainingslager in die Türkei wie eine Reise in eine andere Welt. Ein großes Thema wie in Deutschland war die Ausbreitung des Coronavirus in den Tagen von Belek nicht. „Wir haben es dort genossen“, sagt die Hülserin, die am vergangenen Montag wieder in ihre Wahlheimat Triberg zurückkehrte. Im großen Trainingszentrum in der türkischen Urlaubsregion hatte sie neben ihren Ringer-Kolleginnen auch andere deutsche Spitzensportler getroffen. Die Speerwerfer Johannes Vetter und Thomas Röhler, aber auch der kleinwüchsige Kugelstoßer Niko Kappel weilten in Belek und bereiteten sich auf ihren Saisonhöhepunkt vor. Sie alle haben in diesem Sommer Großes vor. Ende Juli sollten in Tokio die Olympischen Spiele beginnen. So war der Plan. Doch Pläne können sich in diesen Tagen stündlich zerschlagen. Auch das japanische Organisationskomitee sprach am Montag bereits von einer möglichen Verlegung der Spiele.
Hinter Olympia steht seit einigen Tagen ein großes Fragezeichen. Das IOC lockerte seine Sprachregelung zuletzt auf. Zuvor hatte es noch geheißen: Die Pläne werden durchgezogen. Das grassierende Virus und die Auswirkungen auf den Alltag der Menschen machen den Sportlern Sorge: „Es hat mich kurz geschockt“, sagt Aline Rotter-Focken, die im Sommer eigentlich ihr letztes großes Turnier ihrer Karriere bestreiten wollte und möglichst mit einer Medaille am Hals abtreten und sich ins Privatleben zurückziehen wollte.
Und im ersten Moment dachte die Weltklasse-Kämpferin und Weltmeisterin von 2014 auch darüber nach, ihre Laufbahn zu beenden, sollten die Spiele auf 2022 verlegt werden. „Da dachte ich: Oh Gott, weitere zwei Jahre halte ich das nicht mehr durch. Nach einer Nacht aber sah die Welt schon wieder anders aus. Es spricht nichts dagegen weiterzumachen, wenn Olympia ausfällt und verschoben wird.“ Ein paar Monate könne man ja noch überbrücken. „Ein halbes Jahr ist sicher kein Problem. Zwei Jahre würden dann aber schwierig. Ich lege mich jetzt aber nicht fest.“
Ein solches Szenario aber spiele die Krefelderin erst einmal nicht durch. „Das muss man im Training ausblenden, sonst verliert man den Kopf.“ Der Traum von Olympia lebt weiter. Der Blick geht weiter auf August, wenn die Kämpfe stattfinden sollen.
Konkurrentinnen ereilt das gleiche Schicksal
Das Training in der Halle mit einem Partner ist jedoch momentan nicht möglich. Die Vollkontaktsportlerin muss sich gedulden. Rotter-Focken ist beruhigt, dass auch ihre Konkurrentinnen aus aller Welt derzeit dasselbe Schicksal teilen. Nur gut, dass ihr Schwiegervater, ein früherer Bodybuilder, in Triberg im Schwarzwald, wo die Hülserin mit ihrem Man Jan Rotter lebt, einen Kraftraum eingerichtet hat. Im „Bärenkeller“ kann sich Rotter-Focken fit halten. Laufbahn, Hanteln, zumindest das Grundlagenprogramm kann weitergehen.
Die Trainingslager sind jedoch bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Rotter-Focken soll nun über Bundestrainer Patrick Loes zumindest einen jungen männlichen Ringer als Trainingspartner an die Seite gestellt bekommen. Wann es aber zurück auf die Matte gehen kann, steht in den Sternen.
Solche Unwägbarkeiten kann es geben. Man muss im Leistungsport mit vielem rechnen. Hohe Flexibilität ist im Ringen auf und neben der Matte gefragt. „Wir sind es gewohnt, dass sich Pläne schnell ändern können“, sagt die 28-Jährige: „Gesundheit ist ein großes Gut. Wir wissen auch nicht, was die Zukunft bringt. Ich werde mich auf mich konzentrieren.“
Das Beste daraus machen lautet nun das Motto für viele Menschen, so auch für Aline Rotter-Focken. Ihre berufliche Arbeit geht weiter. Nach ihrer Rückkehr ließ sie sich, symptomfrei, für ihren Arbeitgeber auf Covid-19 testen. Die Krefelderin ist in der Gesundheitsbranche tätig. Viele Projekte sind derzeit auf Eis gelegt. Rotter-Focken arbeitete ein paar Tage von Zuhause in Triberg.
Gerne würde sie aber auf die Ringermatte zurückkehren, lieber heute als morgen. Ihr Traum lebt weiter, trotz aller Unwägbarkeiten.